Bibliotheca Cannabis - Textstellen aus alten Büchern (2)

Soft Secrets
13 Mar 2019

Teil 2 der Bibliotheca Cannabis: Textauszüge aus alter Literatur

Über Cannabis wurde schon immer viel geschrieben. Vor Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten war der Duktus jedoch noch ein anderer. Der Hanf war damals noch nicht die verteufelte Pflanze, die er heutzutage ist. Wir befinden uns zwar auf einem guten Weg, Cannabis wieder zurück in die Gesellschaft zu holen. Bis es wirklich soweit ist, ist es aber noch ein weiter Weg. In diesem zweiten Teil unserer Bibliotheca Cannabis schauen wir uns wieder einen erhellenden Auszug an. Das Buch Aus dem Reiche der Drogen wurde im Jahr 1926 veröffentlicht und umfasst ein höchst erhellendes Kapitel zum indischen Hanf. Aus den Texten dieser alten Publikation wird deutlich, wie wenig die Menschen in unseren Gefilden den indischen Hanf mit dem damals auch im deutschsprachigen Gebiet allerorten gedeihenden Kulturhanf verknüpften. Denn obwohl auch in Deutschland und anderswo zu dieser Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts das sogenannte „Arme-Leute-Kraut‟, der allseits bekannte „Knaster‟, die abendlichen Pfeifen füllte, schreiben die Autoren des Werks: „Heute ist der Genuß des Hanfes fast ausschließlich auf die mohammedanischen Völker beschränkt, aber bei diesen sehr verbreitet.‟ Damit verkannten sie, dass auch in unserem Kulturraum unter den christlich geprägten Mitteleuropäern der Hanfgenuss alles andere als eine Seltenheit gewesen ist, obwohl sie weiter unten selbst ausführen: „Der indische Hanf (Cannabis indica), der allein zum Rauchen benutzt wird, ist eine physiologische Varietät unserer Cannabis sativa, die sich nur durch eine viel reichere Ausbildung der Drüsenhaare und demgemäß einem höheren Harzgehalt auszeichnet.‟ Dass der indische Hanf nur zum Rauchen verwendt worden sei, ist allerdings ein Mythos, auf den wir an dieser Stelle aber nicht weiter eingehen. Viel interessanter ist die Darstellung der Historie der berüchtigten Assassinen, auch Haschaschinen genannt; die Autoren Gilg und Schürhoff greifen in ihrem Buch die vielzitierte Geschichte der „Haschisch essenden Sekte von Meuchelmördern‟ Marco Polos auf: „Nach den Angaben des Venetiers Marco Polo benutzte um das Jahr 1100 herum Hassan, ein Fürst in Kleinasien, der eine Art Ordensgemeinschaft gründete, zur Vernichtung seiner Gegner häufig Gifte. Um sich die Menschen seinen Plänen und Befehlen geneigt zu machen, versenkte er Jünglinge durch einen berauschenden Trank in einen tiefen Schlaf. Beim Erwachen wurden ihnen alle Freuden des Paradieses gezeigt, und nach einigen Tagen wurden sie durch das gleiche Betäubungsmittel wieder in tiefen Schlaf versenkt. Sie erwachten dann in der kahlen Nüchternheit des gewöhnlichen Lebens bei ihren Oberen. Man benutzte die Zeit ihres Wiedererwachens, um sie vor anderen erzählen zu lassen, was sie erlebt hatten. Hassan versprach ihnen dann den dauernden Genuß solcher Seligkeit, wenn sie treu seinen Befehlen nachkommen würden. Jedenfalls geht aus dieser Erzählung hervor, daß die Anhänger Hassans, die Assassinen, ein Mittel besaßen, das imstande war, die Sinne zu umnebeln. Schon vor Marco Polo hatte der Abt Arnold von Lübeck von einem Trank berichtet, den die ‚Heissessin‛ von ihrem, unter Sarazenen und Christen gefürchteten, Herrn einbekämen. Er versetzte sie in Ekstase oder Sinnlosigkeit und Berauschung. Dann kämen Magier des Herrn und zeigten den im Schlafe Liegenden phantastische Dinge, Freuden und Ergötzungen. Ihnen wurde dann die ewige Dauer solcher Freuden versprochen, wenn sie mit dem ihnen übergebenen Dolche die ihnen gewordenen Befehle ausführten. Es handelt sich hier um die Verwendung von indischem Hanf, dessen Wirkungen zur Zeit der Gewaltherrschaft der Ismaeliten in den mohammedanischen Ländern sehr wenigen Menschen bekannt waren. Die Ismaeliten wahrten diese Kenntnis als tiefes Geheimnis, weil sie es für ihre politischen Zwecke bequem ausnützen konnten. Die Cannabis indica, arabisch: Haschisch, gab den Ismaeliten den Namen Haschischinen, woraus die Abendländer Assassinen machten. In Erinnerung an die von diesen verrichteten Morde ist das Wort ‚assassin‛ im Französischen die Bezeichnung eines Mörders geworden. Der wahre Sinn des Wortes Assassine, womit zu den Zeiten der Kreuzzüge sowohl Christen als Sarazenen die Ismaeliten bezeichneten, war schon damals unbekannt; denn Wilhelm von Tyrus, der Erzbischof und Kanzler des Königreiches Jerusalem, schrieb, daß er die Bedeutung des Namens nicht habe erfahren können.‟ Im Anschluss untersuchen die Autoren die Wirkungen des Hanfes – und wieso diese den „Assassinen‟ dienlich gewesen sein könnte: „Daß die Zubereitungen des indischen Hanfes Wirkungen hervorrufen können, wie die Assassinen sie wünschten, hat Lewin eingehend dargelegt. Lewin nimmt jetzt an, daß das Kraut, das, nach Herodot, die Skythen anbauten, um betäubend wirkende Samen zu gewinnen, Hanf gewesen sei. Sie verbrannten das Material, um den berauschenden Rauch einzuatmen, wie dies z. B. in Südafrika noch jetzt geschieht.‟ Nun gut. Wir wissen, dass Hanfsamen – auch die des indischen Hanfs – keine psychoaktiven Wirkungen herbeiführen können. Egal ob geraucht, geräuchert oder gegessen – Hanfsamen sind inaktiv. Aber weiter im Takte: „Galen erwähnt den Hanf ausdrücklich als ein Genußmittel, das in größeren Mengen Betäubung erzeuge. Die indischen „Fröhlichkeitspillen“ bestanden aus einem Hanfpräparat.‟ Nochmals eine kurze Anmerkung dazu: Die diversen Variationen der indischen Fröhlichkeitspillen bestanden potenziell aus allem Möglichen, auch aus Hanf – aber auch aus Opium und vielen weiteren Inhaltsstoffen, zum Beispiel Stechapfel. Und weiter: „Des mehr von der Pflanze Genießenden bemächtigt sich ein unbeschreiblich wonniges Gefühl, welches alle Tätigkeit des Geistes begleitet. Es ist, als ob die Sonne jeden Gedanken beschiene, welcher das Hirn durchzieht, und jede Bewegung des Körpers ist eine Quelle von Lust. Der Haschischesser ist glücklich wie jemand, der erfreuliche Nachrichten hört, wie der Geizige, welcher seine Schätze zählt, wie der Spieler, wenn ihn das Glück begünstigt, oder wie der Ehrgeizige, den der Erfolg berauscht. Der Betreffende wird zum Spielball eines jeden Eindrucks. Die Sinne werden feiner und schärfer. So stehen z. B. die Schallempfindungen in keinem Verhältnis zu den Schalleindrücken. Das Ohr vernimmt Harmonien, und der vom Auge aufgefangene Lichtstrahl wird zu Sonnen, die ein Paradies höchster Sinnengenüsse bescheinen. Das Gefühl der Körperlosigkeit herrscht in diesem Zustande, der für den Berauschten das Vorhandensein von Zeit und Raum ausschließt.‛ Unter dem Einflusse solcher Giftwirkungen und erzogen in dem Fanatismus des Ordensgehorsams konnte dem in irgend einer Verkleidung ausziehenden Assassinen die Ausführung einer befohlenen Meucheltat, wie z. B. die an Raimund, dem jungen Grafen von Tripoli, oder im dritten Kreuzzug an Konrad von Montferrat (Konrad von Eisenberg), dem Markgrafen von Tyrus und König von Jerusalem, verübten, nicht schwer fallen. Auch nach Italien wurde zur Ermordung von Friedrich Barbarossa im Jahre 1158 angeblich ein Assassine geschickt. Barbarossas Enkel wurde vom Papst Innocenz IV. auf öffentlicher Kirchenversammlung in Lyon beschuldigt, den Herzog von Bayern durch Assassinen haben ermorden zu lassen.‟ Quelle: Gilg, E. und P. N. Schürhoff (1926): Aus dem Reiche der Drogen – Geschichtliche, kulturgeschichtliche und botanische Betrachtungen über wichtigere Drogen, Dresden: Schwarzeck-Verlag Hier geht es zu Teil 1 unserer kleinen Reihe: https://www.softsecretscomexitable.kinsta.cloud/de/nachrichten/bibliotheca-cannabis-textstellen-aus-alten-buchern-1/
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