Cannabis vs. Kaffee - Was haben sie gemeinsam?

Soft Secrets
02 Apr 2019

Cannabis und Kaffee haben eine ähnliche Geschichte der Prohibition

Man glaubt gar nicht, wie sehr sich die Geschichten von Cannabis und Kaffee ähneln. Da heutzutage in der ganzen Welt Kaffee getrunken wird und kaum jemand das Getränk als psychoaktive Droge wahrnimmt, ist es geradezu abenteuerlich zu erfahren, dass auch der Kaffee einst einer strikten Verbotskultur unterlag und in vielen Teilen der Welt als "teuflische Droge" verunglimpft wurde. Wir schauen uns hier einige Beispiele an, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Beginnen wir mit dem Leipziger Pharmakologen Louis Lewin, der in Sachen Drogenforschung allerhand geleistet hatte. Allein sein bahnbrechendes Buchwerk „Phantastica“ war einer der bedeutendsten Beiträge zur Erforschung der psychoaktiven Substanzen – so hatte Lewin in diesem Band die erste Klassifikation der Rauschdrogen nach deren Wirkprofilen vorgeschlagen, und auch der Kaffee war selbstverständlich Teil der Abhandlung. Lewin erläutert in Phantastica die Prohibition des braunen Stimulans: „Bis zum Beginne des achtzehnten Jahrhunderts war das Kaffeetrinken (...) vielen Menschen in die Lebensgewohnheiten gedrungen, hier und da nicht kampflos. Die Opposition dagegen begann schon im Jahre 1511, war aber selten von dauernder Wirkung, gar nicht in Deutschland, wo einige Potentätchen, wie der gottesgnadliche von Waldeck 1775, nicht nur das Kaffeetrinken untersagte, sondern auch zehn Taler Belohnung für den Denunzianten aussetzte. Selbst Wäscherinnen und Büglerinnen wurden belohnt, die ihre Arbeitgeber anzeigten, von denen sie Kaffee erhalten hatten. Hohe Strafen auch für Kaffeeverkäufer in Landstädten und auf dem platten Lande. Die Honoratiores durften ihren Kaffee in den Hauptstädten kaufen. Der Fürstbischof Wilhelm von Paderborn erklärte 1777 das Kaffeetrinken für ein Privilegium des Adels, der Geistlichkeit und des höheren Beamtenstandes. Bürgern und Bauern war es streng verboten. Ja, selbst Stockprügel wurden in Deutschland den Kaffeetrinkern angedroht“ (Lewin, Phantastica, Seite 331f.). Auch Hermann Römpp hatte sich des Themas in seinem Standardwerk „Chemische Zaubertränke“ angenommen und erklärt: „Chemische Zaubertränke“: „Die Ausbreitung des Kaffees stieß hier und da auf Widerstand, freilich lange nicht in so starkem Maße wie der Tabak. So ließ Friedrich der Große den Kaffee mit einer spürbaren Steuer belegen, damit sich das Volk wieder an Biersuppen gewöhne, mit denen ‚Seine königliche Majestät höchstselbst‘ aufgezogen worden sei. In einem englischen Spottgedicht des 17. Jahrhunderts wurde der Kaffee als ‚Kienrußsirup‘ und ‚Schwarzes Türkenblut‘ bezeichnet“ (Römpp: Chemische Zaubertränke, Seite 115). Und Hellmut Kotschenreuther brachte die Sache in seinem Band „Das Reich der Drogen und Gifte“ auf den Punkt: „Es gab kaffeefeindliche Despoten, die Kaffeetrinker foltern, in Kaffeesäcke einnähen und ertränken ließen. Selbst im relativ aufgeklärten Preußen Friedrichs des Großen glaubte die Obrigkeit, ein Laster bekämpfen zu müssen, das keines war und keines ist. Sie nahm ‚Kaffeeriecher‘ in Dienst, die sich darauf spezialisieren mußten, herauszuschnüffeln, welcher unbotmäßige Bürger das Kaffee-Verbot denn nun schon wieder übertreten habe. Aber die beamteten Schnüffler waren überfordert, der Kaffeegenuß breitete sich immer weiter aus, Kaffeegärten und ‚Caffee-Cräntzgen‘ kamen in Mode. Die Obrigkeit resignierte schließlich und tat, was sie, wenn die Untertanen sich eine Droge partout nicht ausreden lassen, fast stets tut: sie beteiligte sich am Ertrag des ‚Lasters‘, indem sie den Kaffee mit einer Verbrauchssteuer belegte. Dabei ist es bis heute geblieben“ (Kotschenreuther: Das Reich der Drogen und Gifte, Seiten 167-168). Das war Mitte der Siebziger Jahre, und wir sehen, dass auch die Geschichte des Kaffees als Stimulans und Genussmittel bis zur heute vollständig akzeptierten Volksdroge kein leichter war. Dabei ging es nicht nur um steuerliche Einnahmen und politische Macht, sondern auch um Geschäftsleute, die Feldzüge gegen den immer beliebter werdenden Kaffee inszenierten, um ihre eigenen schäbigen Produkte unters Volk zu bringen. Mehr Infos gibt es in Markus Berger: Kaffee - Ein psychoaktives Genussmittel, Solothurn: Nachtschatten Verlag 2018
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