Der Bodyguard

Exitable
27 Oct 2014

Ronald ist ein ehemaliger Türsteher, der heute im Süden Hollands seine eigene Diskothek besitzt. Vor Jahren war er Bodyguard und die rechte Hand eines lokalen Kriminellen, der seine Geschäfte im großen Stil betrieb. Im Verlauf seiner Tätigkeit wurde Ronald in eine Haschisch-Schmuggeloperation verwickelt, die schrecklich schiefging und ihm beinahe 25 Jahre in einer schottischen Gefängniszelle eingebracht hätte.


Ronald ist ein ehemaliger Türsteher, der heute im Süden Hollands seine eigene Diskothek besitzt. Vor Jahren war er Bodyguard und die rechte Hand eines lokalen Kriminellen, der seine Geschäfte im großen Stil betrieb. Im Verlauf seiner Tätigkeit wurde Ronald in eine Haschisch-Schmuggeloperation verwickelt, die schrecklich schiefging und ihm beinahe 25 Jahre in einer schottischen Gefängniszelle eingebracht hätte.

Ronald ist ein ehemaliger Türsteher, der heute im Süden Hollands seine eigene Diskothek besitzt. Vor Jahren war er Bodyguard und die rechte Hand eines lokalen Kriminellen, der seine Geschäfte im großen Stil betrieb. Im Verlauf seiner Tätigkeit wurde Ronald in eine Haschisch-Schmuggeloperation verwickelt, die schrecklich schiefging und ihm beinahe 25 Jahre in einer schottischen Gefängniszelle eingebracht hätte.

Ronald, die Standardfrage, die allen in dieser Interviewserie gestellt wird: Wie bist du in die Welt des Haschschmuggels hineingeraten?
“Ich kam aus dem Boxermilieu, war sogar ein ziemlich guter Boxer in der Weltergewichtsklasse. Als Person war ich eher zurückhaltend, wusste aber Hände und Füße zu gebrauchen und verfügte eine gute Portion gesunden Menschenverstandes. Es sind gerade diese Eigenschaften, die auf Kriminelle eine unwiderstehliche Anziehungskraft ausüben. In gewissen Kreisen war ich gut bekannt und wurde von Leuten aus der Unterwelt gesponsert. Sich in einer solchen Position zu befinden bedeutet automatisch, es wird gelegentlich von dir verlangt, ihnen deine Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen und hier und da auszuhelfen."

Über welche Art von Diensleistungen reden wir?
"Es bedeutete normalerweise jemanden zu begleiten, der im Drogenschäft verwickelt war und einige Dienstleistungen für sie zu erbringen. Meistens als Fahrer und Bodyguard."

War das für einen wohlbekannten Kriminellen?
"Ja, für einen, der nicht nur in Holland, sondern auch im Ausland bekannt ist. Er machte Geschäfte mit harten und weichen Drogen, brauchte mich als Chauffeur und zum Schutz. Große Mengen Drogen wurden von ihm importiert und verkauft. Später machte er ein Kasino auf und auch dort arbeitete ich für ihn, als Türsteher und Betriebsleiter."

Gab es viele Streitereien dort?
"Hin und wieder. Oft wurde ich vorher gewarnt, dass in einer bestimmten Nacht etwas passieren wird, dass beispielsweise Leute auf dem Weg sind, um ihr Geld abzuholen und ich ihnen dabei besser nicht in die Quere kommen soll. Sonst würden sie mich abknallen. Diese Geschehnisse hatten nichts mit dem Kasino zu tun; es handelte sich um nicht beglichene Schulden aus dem Drogenhandel. Bestimmte Abmachungen waren nicht zu jemandes Zufriedenheit verlaufen und sie würden mit sechs oder sieben schweren Jungs vorbeikommen, um die Schulden einzutreiben. Ich hatte mit solchen Dingen nichts zu tun, machte sie auch nicht zu meiner Sache, sonst wäre ich wohl tatsächlich erschossen worden. Das Kasino setzte jeden Tag gut 200.000-300.00 Gulden (etwa 135.000 Euro - Red.) um, deshalb kamen solche Gäste gewöhnlich nachts, wenn die Kassen bis obenhin gefüllt waren."

Und dein Boss hat nicht von dir erwartet, etwas wegen dieser Besuche zu unternehmen?
"Am Anfang tobte er wie ein Irrer, aber im Grunde genommen verhielt es sich ganz einfach. Die Typen, die wegen ihres Geldes kamen, fuhren mit so etwas wie einem Jeep vor, an dessen Vorderseite ein schwerer Stahlträger montiert war. 'Wenn ihr nicht aufmacht, dann fahren wir eben rein' sagten sie ... Maschinenpistolen unter ihren Mänteln und alles. Was soll man da machen? Das fragte sich auch mein Boss. Darüberhinaus wollte natürlich keiner der Beteiligten die Bullen überall herumrennen haben, denn dann würde die Sache ganz aus dem Ruder laufen."

Hast du in dieser Zeit mit dem Boxen weitergemacht?
"So gut oder schlecht es ging. Aber wenn du 18 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, arbeiten musst, kann das nicht lange gutgehen."

Gehe ich recht in der Annahme, dass du ein Haufen Kohle verdient hast?
"So 5000-6000 Gulden (2700 Euro) die Woche, die 2000 Gulden (900 Euro) pro Woche an Trinkgeldern nicht mitgerechnet. Aber wenn man bedenkt, welche Risken ich einging, würde ich das als einen Hungerlohn betrachten."

Wie lange hast du in dem Kasino gearbeitet?
"Etwa zwei Jahre. Dann ging es pleite, weil der Boss zu viele Schulden angehäuft hatte."

Hast du danach weiter für ihn gearbeitet?
"Nur auf Abruf. Einmal bat er mich tatsächlich, jemanden umzulegen, aber letzten Endes war der Kerl dann schon von jemand anderem erledigt worden. Darüber ist längst Gras gewachsen. Es war jemand, der sich bei einem Dogenhandel Geld in die eigene Tasche gestopft hatte."

Warst du bei den Drogengeschäften deines Bosses immer mit dabei?
“Immer. Ich war sein Begleitschutz. Aber wenn er in Marokko war, wo er alle seine Geschäfte vorbereitete, ging ich nicht mit ihm. Er konnte diese Seite der Dinge selber erledigen. Wir selbst führten tatsächlich niemals Drogen mit uns; dafür hatten wir andere Kanäle. Allenfalls für den Eigenbedarf konnten wir ein wenig bei uns haben."

Lief der Haschhandel parallel zum Kokainhandel?
"Ja, richtig. Nur die Mengen waren natürlich viel größer. Hasch war einfacher zu machen - und viel weniger riskant. Doch der Kokainhandel war viel profitabler. Die Leute im Kokaingeschäft unterschieden sich sehr stark von denen, die mit Hasch dealten - viel härter und gewalttätiger.

Einmal in Amsterdam saßen wir alle um einen Tisch herum, diskutierten den Deal, den wir machten, und plötzlich: 'Klick-Bumm!' und einer der Typen sackte von seinem Stuhl - erschossen. Die Leiche wurde von vier Kerlen hochgehoben und irgendwo in einer Gasse abgelegt. Einfach liquidiert. Nichts erschien jemals darüber in den Zeitungen. Wenn diese Typen jemanden liquidierten, taten sie das ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Aber sprachen wir nicht über beträchtliche Mengen Geld? Nicht Hundertausende Gulden, sondern Millionen. Die Typen, die ausgemerzt wurden, hatten normalerweise ihre Pfoten in Dingen, in denen sie nicht sein sollten. Einige hundert Kilo Hasch beispielsweise, die angeblich bei einem Sturm über Bord gegangen waren. Aber Sendungen von Hasch weisen oft einen einmaligen Verpackungsstempel auf, und wenn Hasch mit diesem Stempel in den Straßen auftaucht, dann wissen die Leute sofort, von wo es herkommt."

Hast du selber Drogen genommen?
"Nein, ich habe niemals in meinem Leben Drogen genommen. Mir wurde genug angeboten, aber ich hielt mich immer davon fern. Ich hätte soviel Koks ziehen und so viel rauchen können, wie ich nur wollte, jeden Tag, und völlig umsonst. Aber ich habe das nie ausgenutzt."

Wie bist du dann schließlich selber in den Haschschmuggel geraten?
"Wenig später, nachdem das Kasino Pleite gegangen war, rief mich der Boss an und fragte mich, ob ich ihn auf einer Reise begleiten könnte. Ich sagte zu und wenig später rief er wieder an und sagte: 'Morgen fahren wir für zwei oder drei Tage nach Schottland. Und du wirst dort gutes Geld verdienen.'"

Wieviel sollte für dich herausspringen?
"10.000 Gulden im Voraus und 300.000 nach der Transaktion."

Und der Deal war...?
"Ich musste in Schottland ein Boot kaufen und seetüchtig machen machen. Dann sollte das Boot in See stechen und mit einem anderen Boot zusammentreffen, das eine 2000-Kilo-Ladung Hasch aus Marokko transportierte. Es war vorgesehen, das Hasch in mein Boot umzuladen, dann sollte ich nach Schottland zurückschippern. Selbst auf dem Boot mitzufahren war aber so nicht vereinbart und ich wollte auch ausdrücklich nicht darauf sein. Ich sollte ursprünglich auf die Rückkehr des Bootes warten und das Entladen des Haschs im Auge behalten, bis es an drei verschiedenen Orten gut versteckt war."

Kanntest du die Leute, mit denen du in Schottland zusammenarbeiten solltest?
"Nein, überhaupt nicht. Die einzige Person, die ich kannte, war mein Boss. Und ein anderer Holländer sollte in London bleiben, er war nur verantwortlich für meinen Transport nach England und zurück. So war ich in Schottland ganz allein und sollte die drei Haschverstecke aufmerksam beobachten. Für die gesamte Operation waren drei Tage veranschlagt: einen Tag um das Boot in Ordnung zu bringen, am zweiten Tag eine Probefahrt, dann würde während des zweiten/dritten Tages das Hasch übernommen werden; am dritten Tag würde ich nur die Kilos kontrollieren, die Käufer die Qualität testen lassen und die Verstecke bewachen. Am vierten Tag sollte ich den Rest meines Geldes erhalten und mit dem Zug nach London zurückfahren."

Wer war an Bord des Bootes aus Marokko?
"Irgendein deutscher Rentner oder jemand, der von meinem Boss eingestellt worden war und sich in ernsten finanziellen Nöten befand, so dass ihm schon sehr an dem Geschäft lag. Was niemand wusste: Die gesamte Operation wurde von der Polizei heimlich überwacht, seit sie außerhalb von Marokko fortgeführt wurde. Von dem Moment an, als ich meinen Fuß auf englischen Boden setzte, wurden ich und der andere Holländer beschattet."

Wie konnte das passieren?
"Die Dinge waren schon in Marokko schiefgelaufen. Das Geschäft war von meinem Boss vier Monate zuvor organisiert worden, doch er hatte für den Job sofort ein Boot nach Marokko geschickt. Das lag einfach drei Monate lang vor der Küste, weil die Lieferung nicht bereit war. Wenn jemand nur drei Monate lang auf seiner riesigen Jacht herumsitzt, nichts tut, aber Kontakte unterhält mit Leuten, von denen man weiß, dass sie im Haschhandel mitmischen, dann fällt dass schon ziemlich auf. Die Marokkaner sind natürlich nicht blind. Das war alles viel zu auffällig. Und so wurde es zu einem Fall für Interpol. Über Satelliten usw. verfolgten sie die ganze Operation von Anfang an."

Hättest du dir nicht denken können, dass in Schottland etwas nicht mit rechten Dingen zuging?
"Nein, wir ahnten nichts. Als wir am zweiten Abend nach der Probefahrt wieder in den Hafen einliefen, waren da eine Menge Leute, die auf dem Kai umhergingen. Das kam uns ein wenig seltsam vor. Am selben Abend wurde der schottische Kapitän verhaftet. Dies ließ erahnen, dass irgendetwas vor sich ging, und ich warnte sofort den anderen Holländer in London. Er führte einige Telefongespräche, rief mich später zurück und sagte: 'Komm' zurück, es sieht nicht gut aus. Die ganze Sache stinkt.' Er wurde später von einigen Leuten angerufen, die mit dem schottischen Kapitän wohnten. Ich packte sofort meine Sachen und machte mich auf zum Bahnhof, um direkt nach London zurückzufahren. In diesem Augenblick wusste ich immer noch nicht, dass die Polizei nach mir suchte. Ich hatte nicht das gleiche Jacket an, als wir wieder im Hafen ankamen, das war cool, und deshalb wurde ich von den schottischen Polizisten nicht gleich erkannt, die überall waren."

Aber war es nicht etwas verwunderlich, dass ihr alle nicht sofort festgenommen wurdet?
"Nein, ich glaube, die Polizei wollte einfach abwarten und sehen, welche Rolle ich bei diesem Unternehmen spielte und wer das Geld bei sich hatte. Erst als ich am Bahnhof die Bullen unter den Zügen herumkriechen und überall in den Waggons herumschleichen sah, kam mir endlich der Gedanke, sie könnten nach mir suchen. Und die ganze Zeit stand ich in einer Fernsprechzelle und telefonierte! Ich versuchte mich so klein wie möglich zu machen, aber schließlich kamen einige Bullen auf mich zu und fragten mich, wo ich hin wolle. Als ich antwortete, hörten sie sofort, dass ich mit einem holländischen Akzent sprach - da wussten sie, dass sie mich geschnappt hatten. Weil ich zuerst in dem anderen Jacket herumgelaufen war, hatten sie mich bis dahin nicht erkannt."

Wie lautete die Anklage, nachdem sie dich in Haft genommen hatten?
"Import, Handel, Lagerung und Verteilung von Drogen sowie illegale Arbeit in Schottland. Allen Anschein nach hatten sie sich schon ein Jahr lang intensiv mit dem Fall beschäftigt."

Aber die ganze Operation gegen euch hatte doch nur vier Monate gedauert, oder nicht?
"Ja, aber es stellte sich heraus, dass die Leute in Schottland, mit denen wir arbeiteten, schon seit einem Jahr unter Beobachtung der schottischen Polizei standen, und dadurch kamen sie uns auf die Spur."

Was passierte dem anderen Boot, das aus Marokko gekommen war?
"Es wurde in internationalen Gewässern von Interpolfahndern abgefangen. Es waren Bevollmächtigte der marokkanischen, holländischen und englischen Polizei."

War für sie nicht mehr zu erreichen, wenn sie dem Boot die Reise erlaubt und gewartet hätten, bis die Schmuggelware übergeben worden wäre? Dann hätten sie einen kolossalen Fall gehabt...
"Am Motor des Boot war auf halbem Wege bis zum Treffpunkt ein Motorschaden entstanden und es lag bewegunglos im Wasser. Dann kam ein anderes Fischerboot, um Hilfe anzubieten. In diesem Moment glaubte die Polizei, dass die Transaktion im Gange sei und daher erfolgte von oben plötzlich der Zugriff. Sie räumten später ein, dass es ein Fehler war und sie verfrüht zugeschlagen hatten."

Dann hattest du wenigstens in diesem Fall ein wenig Glück...
"Wir hatten sehr viel Glück. Hätte das Boot keine Probleme gehabt, hätte ich 25 Jahre Gefängnis entgegensehen müssen."

Welche Strafe hatte die Anklage in deinem Fall gefordert?
"Tja, mindestens 25 Jahre."

Warst du nicht zu Tode erschrocken, als sie dich festnahmen?
"Es ging, wie in solchen Fällen üblich, alles blitzschnell. Du begreifst erst einmal gar nicht, was eigentlich passiert. Die ganze Zeit meines Verhörs saß ich da und schwätzte unzusammenhängendes Zeugs, und es gab keinen roten Faden, an den sie anknüpfen konnten. Da habe ich vielleicht auch etwas Glück gehabt."

Wo wurdest du gefangen gehalten?
"Erst einen Monat in einer Polizeizelle, später im Gefängnis von Perth. Und das war wirklich hart, glaub' mir. Du liegst in einer Polizeiwache in einer 2m x 3m-Zelle auf einem Steinboden, kein Bett, keine Toilette und keine Heizung. Wenn du pinkeln musst, musst du an der Tür rütteln, dann bekommst einen Topf zum Reinpissen. Um acht Uhr abends erhältst du zum Schlafen eine Schaummatraze mit einer dünnen Decke."

Wie oft wurdest du verhört?
"Jeden Tag so fünf oder sechs Mal. Sie wollten genau wissen, wer beteiligt war."

Was hast du gesagt?
"Ich blieb bei der Geschichte, dass ich der Bodyguard von jemandem war, der ein Boot kaufen wollte, und der einzige Grund weil ich dort war sei gewesen, diese Person davor zu bewahren, übers Ohr gehauen zu werden. Dass mir das Geld gegeben worden war, um das Boot zu kaufen, und der Mann wieder in die Niederlande zurückgereist war. Und das ist die Geschichte, an der ich festhielt. Es war eine unglaubhafte Geschichte, aber ich blieb dennoch dabei. Natürlich wurden die Drogen nie geliefert und daher hatten sie keine konkreten Beweise dafür, dass ich etwas anderes vorhatte als das, was ich ihnen sagte."

Wie war das Gefängnis in Perth?
"Kahl und schlimm. Die Zelle war genau wie die in der Polizeiwache, außer dass es ein Bett gab. Ein kleiner Plastiktopf in der Ecke, weiter nichts. Einmal am Tag konntest du am Hofgang teilnehmen, nur in deinem T-Shirt, egal bei welchem Wetter. Zusammen mit dem anderen Holländer, der geschnappt worden war, waren wir im Gefängnis die einzigen Ausländer."

Wann kam dein Fall vor den Richter?
"Nach ein paar Monaten wurde ich drei Mal vor Gericht gebracht. Das erste Mal wurde es mir gestattet, mich sofort hinzusetzen und wurde ohne viel Federlesens schuldig gesprochen. Wir gingen sofort in die Berufung und mussten drei Monaten warten, bis sie vor dem High Court angehört wurde."

Wie gelang es dir, einen Anwalt aufzutreiben?
"Wir mussten selber einen beauftragen, am Ende waren es insgesamt drei. Es kostete mich ein Vermögen."

Hat dein Boss dich während deiner Haftzeit nicht unterstützt?
"Überhaupt nicht; nichts, nada. Er gab die ganze Zeit über keinen Mucks von sich. Die schottische Polizei hatte es sich sehr gewünscht, dass er nach Schottland käme, aber so dumm war er nicht. Finanziell hat er uns auch nicht unterstützt."

Hattest du keine Angst, dass die Sache sehr schlecht für dich ausgehen und du verurteilt werden könntest?
Das fing erst an, als bereits das Berufungsverfahren lief und der Anwalt neben mir sagte: 'Wenn du Glück hast, bekommst du 25 Jahre. Und wenn du sehr viel Glück hast, kommst du mit 15 davon.' Da rastete ich aus. Du weißt, sie haben keine stichhaltigen Beweise gegen dich, aber selbst dann sind sie entschlossen, dich hinter Schloss und Riegel zu bringen. Ich hatte erst vor kurzem geheiratet und war gerade Vater geworden, was es noch schwerer machte, damit fertig zu werden. Ich drehte fast durch und verbrachte eine Woche in Einzelhaft. Als ich wieder herauskam, war mir vieles klarer geworden und von da an wurde ich ein Musterhäftling." 

Als du das dritte Mal vor Gericht standst, sah die Sache nicht ein wenig anders aus?
"Insgesamt saßen sieben von uns vor Gericht. Der Holländer, ich, die übrigen waren Schotten und ein Marokkaner, der als eine Art Mittelsmann fungierte. Der Kapitän des schottischen Bootes, der sofort verhaftet worden war, hatte klein beigegeben und war jetzt in dem Fall Kronzeuge gegen uns als Gegenleistung für seine Freiheit. Aber in den Monaten, die wir hinter Gitter verbrachten, wurde er von draußen so stark unter Druck gesetzt, dass er es schließlich vernünftiger fand, nicht als Zeuge auszusagen. Das war unser großes Glück. Deshalb und aufgrund des Mangels an konkreten Beweisen wurden wir letzten Endes alle freigelassen. Ich hatte sechs Monate in einer Zelle gesessen und konnte schließlich nach Hause fahren."

Wenn also das Boot aus Marokko keinen Motorschaden gehabt hätte, säßest du immer noch in einem schottischen Knast...
"Wenn ich dann noch am Leben wäre, ja. Ich hatte mir immer wieder geschworen, wenn ich 25 Jahre bekäme, würde ich über den Zaun des Gefängnisses springen."

Nachdem du frei warst, hast du dich geradewegs zu deinem Boss begeben?
"Nein, aber ich bin ihm zufällig begegnet. Er war natürlich vor Schreck wie gelähmt und glaubte, ich wollte ihn umbringen. Hör zu, beim Drogenhandel ist es ein ungeschriebenes Gesetz: Wenn jemand gefasst und eingebuchtet wird, muss diese Person finanziell unterstützt werden. Das ist bei mir nicht geschehen. Der ganze Fall hatte mich eine riesige Summe Geld gekostet. Als er mir in die Arme lief, versprach er, alles wieder gut zu machen, weil schon bald eine neue Lieferung für ihn einträfe. Natürlich habe ich nie wieder etwas von ihm gehört. Aber das ist etwas, worüber ich mir keine Gedanken mehr mache. Ich weiß, früher oder später wird er mir wieder über den Weg laufen..."

Stiegst du wieder in den Drogenhandel ein nachdem du freigelassen worden warst?
"Nein, für mich hat sich die Sache erledigt. Ich versuche mein Geld auf eine andere Weise zu verdienen und bin bis jetzt nicht allzu schlecht damit gefahren."

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