Die Kunst des Pinzierens und Beschneidens von Pflanzen

Soft Secrets
31 Aug 2018
Ich werde oft gefragt, auf welche Art und Weise ich meine Pflanzen pinziere und beschneide. Sie fragen, wann es angebracht ist, dies zu tun und wie es gemacht werden sollte. Der folgende Artikel beantwortet alle diese Fragen.

Was ist Pinzieren?

Pinzieren bedeutet junge Triebspitzen des Hauptstängels oder der Seitenzweige zu entfernen. Das Ziel besteht darin, entweder a) die Entwicklung von neuen Zweigen zu verhindern, gewöhnlich durch Abzwicken von seitlichen Trieben, oder b) das vertikale Wachstum von Pflanzen zu verlangsamen und die Entwicklung der tieferen Zweige zu fördern durch Abschneiden oder Abdrehen der Spitze des Hauptstängels oder von den Seitenzweigen. Cannabispflanzen wachsen ähnlich wie gewisse Arten von Bäumen zu kegelförmigen Gebilden. Der Hauptstängel wächst gerade in die Höhe und die Seitenzweige sind im unteren Bereich der Pflanze am längsten. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass alle Teile bestmöglichen Zugang zum Sonnenlicht haben. Allerdings kann die Pflanze ihre Form immer den jeweiligen natürlichen Umgebungsbedingungen anpassen. Werden beispielsweise die Gewächse dicht nebeneinander gepflanzt, wird die Entwicklung der Seitenzweige unterdrückt oder sie versuchen längs des Hauptstängels hochzuwachsen, um ans Licht zu gelangen. Auf jeden Fall wächst der Hauptstängel mit der Terminalknospe vor allem in die Höhe - das ist manchen Growern lästig und daher entscheiden sie sich für das Pinzieren. [caption id="attachment_6573" align="alignnone" width="800"]Die Kunst des Pinzierens und Beschneidens von Pflanzen Die Pflanze nach Pinzieren des Hauptstängels. Die vier Triebe unterhalb beginnen schnell zu wachsen.[/caption]

Warum Pinzieren?

Beim Cannabisanbau im Freien ist es normalerweise nicht notwendig, die Pflanzen zu pinzieren. Es ist ihnen möglich, auf natürliche Weise die optimale Form zu entwickeln. Zudem ist die Höhe der Pflanzen beim Outdoor-Anbau nicht so sehr das Problem. Falls jedoch drinnen unter Kunstlicht angebaut wird, müssen Grower die Höhe ihrer Pflanzen fast immer begrenzen, hauptsächlich aus zwei Gründen: Erstens, im Anbauraum herrscht Platzmangel; hat er beispielsweise eine Höhe von zwei Metern, kann man keine zwei Meter hohen Pflanzen anbauen. Der Abstand zwischen der Pflanze und der Lichtquelle muss mindestens 30 Zentimeter betragen, gewöhnlich noch mehr. Zweitens, die Höhe der Pflanze muss beim Anbau in Innenräumen eingeschränkt werden wegen der Wirkkraft der Lichtquelle. Um ihre Leistungsstärke effektiv zu nutzen, sollten sich alle Pflanzen in der gleichen Entfernung vom Licht befinden. Der Grund besteht darin, dass die Lichtintensität mit zunehmender Entfernung dramatisch abnimmt – und die Spitzen der Pflanzen bekommen gewöhnlich 10 Prozent mehr Licht ab als die tiefer liegenden Zweige. Eine derartige Minderung gibt es beim Outdoor-Anbau nicht. Kurz: Pinzieren ist sinnvoll, um die Höhe der Pflanze zu beschränken und um das Wachstum der Seitenzweige zu regulieren oder zu verstärken.

Wie geht Pinzieren?

Es gibt zwei grundsätzliche Methoden des Pinzierens. Am verbreitetsten ist die Beseitigung der gesamten Triebspitze („Toppen“). Wird die ganze Spitze des Hauptstängels abgetrennt, entwickeln sich unterhalb ziemlich schnell zwei neue Seitentriebe. Das Gleiche passiert, wenn die Spitze irgendeines Seitenzweiges gekappt wird - dann beginnen die beiden nächsten Triebe sich rasant zu entwickeln. Auf diese Weise lässt sich die Anzahl der obersten Spitzen auf dem Hauptstängel und den Seitenzweigen erhöhen. Dieser Vorgang ist mehrmals wiederholbar - ganz wie Sie wollen. Man muss einen Zweig nur mindestens zwei Sätze Blätter bilden lassen und kann die Zweigspitze dann wieder abknipsen. Die beiden darunter liegenden Seitentriebe werden jedes Mal ihr Wachstum beschleunigen. Die Zweige sollten aber nicht zu intensiv pinziert werden - man verfolgt mit dem Anbau von Cannabispflanzen ja die Absicht, schließlich Blüten zu ernten. Um schöne große Blütenstände zu bekommen, ist es gut, die Anzahl der Zweige zwischen eins und acht zu halten. Hingegen bei der Produktion von Stecklingen kann man fleißig pinzieren, wenn man möglichst viele Triebe an der Mutterpflanze haben will. Pinzieren wird auch praktiziert, um das Wachstum der Seitenzweige zu unterdrücken. In diesem Fall wird der Trieb unmittelbar am Hauptstängel oder Zweig abgeschnitten (wie auf einem der Bilder zu sehen ist). Eine andere Pinziermethode wird von Growern als FIM bezeichnet. Bei dieser Vorgehensweise werden die „Büschel“ von neuen Trieben etwa um die Hälfte höher als bei der klassischen Methode des Toppens abgeschnitten. Die Spitze der Blütenknospe besteht nicht aus einem einzigen Trieb, sondern aus drei oder vier. Falls es gelingt, diesen Teil mit der FIM-Methode in der richtigen Weise abzutrennen, bekommen wir vier oder fünf neue Zweige an der Spitze der Pflanze, und die können später schöne Blüten liefern. Dieses Verfahren ist besonders nützlich in kleinen Anbauräumen (Mikro-Anbau), wenn Sie so viele Blütenstände wie möglich haben wollen. Im Gegensatz hinzu macht es keinen Sinn für das sogenannte Sea-Of-Green-Verfahren, bei dem die Pflanzen sehr dicht nebeneinander stehen. Wenn bei draußen oder in Gewächshäusern angebauten Cannabispflanzen deren Höhe reguliert werden soll, kappen wir die Spitze des Hauptstängels auf die klassische Art und versuchen die Seitenzweige so weit nach außen wie möglich zu richten. Umso mehr Sonnenlicht sie bekommen, umso kürzer werden sie sein. [caption id="attachment_6574" align="alignnone" width="800"]Die Kunst des Pinzierens und Beschneidens von Pflanzen Das Wachstum der Seitenzweige lässt sich durch Pinzieren der markanten Triebe stoppen. Hier werden keine neuen Triebe hervorkommen.[/caption]

Wann und wie pinzieren?

Die Pflanzen sollten während der vegetativen Phase pinziert werden, bevor sie damit beginnen, Blütenstände zu bilden. Sie sollten mindestens drei Sätze Blätter aufweisen bevor man mit dem Pinzieren beginnt. Achten Sie auch darauf, dass der Stängel mindestens drei Triebe hat. Es wird empfohlen, das Pinzieren spätestens dann durchzuführen, wenn die Pflanzen in die Blühphase wechseln. Manch einer pinziert die Pflanzen wirklich erst so spät, am Tag, wenn sie in die Blühphase wechseln - nach meiner eigenen Erfahrung ist es jedoch am besten, dies spätestens sieben bis fünf Tage vor dem Übergang zu tun. Verwenden Sie dafür stets eine saubere Schere oder ein scharfes Messer. Der Schnitt sollte gerade verlaufen damit die Wunde an der Pflanze möglichst klein ausfällt. Die FIM-Methode sollte jedoch mit den Fingern praktiziert werden - man kann die Triebe einfach mit Hilfe des Daumens und des Zeigefingers abzwicken.

Wann nicht pinzieren?

Niemals Automatik-Pflanzen pinzieren, denn jede Schädigung des Pflanzengewebes verursacht Stress und verlangsamt das Wachstum für mehrere Tage. Selbstblühende Varietäten haben einen relativ kurzen Lebenszyklus und jede Verzögerung in der Entwicklung ist kontraproduktiv. Es ist am besten, sie ohne jede Intervention natürlich wachsen zu lassen. Bei photoperiodischen Sorten ist ein Pinzieren der Pflanzen während der Blühphase nicht ratsam. In diesem Stadium ist es viel besser, sie zu beschneiden.

Was ist Beschneiden und warum lohnt es sich?

Wenn die Pflanzen schon größer sind und ihre Form sagt einem nicht zu, kann man sie nach seinen Vorstellungen beschneiden. Beschneiden bedeutet die Entfernung größerer Teile der Pflanze. Ganze Zweige werden dazu bestimmt, solche, die beispielsweise nicht genug Licht erhalten oder im Weg stehen. Sie verbrauchen nur Energie, die besser vom dem Rest der Pflanze genutzt werden sollte. Für den Indoor-Anbau gilt: Je mehr Zweige ein Pflanze hat, umso mehr Blütenstände entwickelt sie, aber diese Blütenstände sind kleiner. Daher ist es manchmal ratsam, die Anzahl der Zweige zu begrenzen (idealerweise vier bis acht Zweige, wie erwähnt), um das Wachstum kompakter Blütenstände anzukurbeln. Natürlich können zu große Blütenstände auch nachteilig sein - sie sind zu schwer für schwache Zweige, die dann gestützt werden müssen. Aber ehrlich, wer würde schon kleine Blütenstände größeren vorziehen... [caption id="attachment_6575" align="alignnone" width="800"]Die Kunst des Pinzierens und Beschneidens von Pflanzen Die rote Linie markiert das klassische Toppen, die blaue die FIM-Methode.[/caption] Beschneiden schließt die Beseitigung tieferer Zweige ein, die nicht ausreichend Licht erhalten, weil sie sich nicht hoch genug strecken können, um mit der Lichtquelle in Kontakt zu kommen. Werden sie entfernt, kann die Pflanze mehr Energie für das Wachstum von vielversprechenderen Zweigen nutzen. Außerdem kann - bei der Anwendung von Sea Of Green- oder Green Wall-Methoden - durch die Beseitigung tieferer Zweige der Luftstrom zwischen den Pflanzen verbessert und Schimmelbefall verhindert werden.

Wann und wie beschneiden?

Beschneiden ist eine Sache, die man sich vorher gut überlegen sollte. Wenn überhaupt erfolgt sie am besten in den ersten zwei oder drei Wochen der Blühphase. In diesem Zeitabschnitt ist bereits zu sehen, welche Teile der Pflanze voraussichtlich viel Licht bekommen und welche schwächlich und nutzlos sind. Man will solche Zweige behalten, die beachtliche Blütenstände liefern können. In diesen beiden Wochen können wir die Zweige ein bis drei Mal schneiden. Am besten ist es, ganze Zweige etwa einen Zentimeter vom Stängel entfernt abzuschneiden. Wie beim Kappen sollte man ein scharfes sauberes Messer oder Schere verwenden und die Wunde so klein wie möglich halten. Obwohl ich bereits davor gewarnt habe, eine Beschneidung während der Blühphase durchzuführen, gibt es eine Ausnahme - wir können Triebe auf Zweigen abtrennen, die an Stellen ohne guten Zugang zum Licht wachsen. Solche Triebe finden sich in tieferen Bereichen an Zweigen, die unter anderen Umständen vielversprechend sein könnten. Tatsächlich handelt es sich bei diesen Austrieben ja um zukünftige Blütenstände. Ohne genügend Licht würden sie jedoch zu schwach sein und nur Energie vom Rest der Pflanze abziehen. Daher beseitigen die meisten erfahrenen Grower immer die tieferen Zweige. Vor dem Beschneiden einen Blick auf die gesamte Pflanze werfen und die Zweige erwählen, die man behalten will. Versuchen Sie an allen Pflanzen sämtliche Zweige, die sich verschränken oder gegenseitig beschatten, zu entfernen. Das Ziel besteht darin, eine optimale Anzahl von Zweigen zu erhalten, an denen alle potentiellen Blütenstände genug Licht bekommen. Zudem sollte der Anbauraum gut be-/entlüftet werden.

Wann nicht beschneiden?

Wie beim Pinzieren sollte man das Beschneiden von selbstblühenden Varietäten unterlassen. Die einzige Ausnahme wäre, falls Sie tiefe Zweige finden sollten, die verkümmert sind und nicht wachsen. Denken Sie daran, sie abzuschneiden, bevor die Pflanze in die Blühphase eintritt. Keine Sorte sollte nach der dritten Blühwoche beschnitten werden. [caption id="attachment_6576" align="alignnone" width="800"]Die Kunst des Pinzierens und Beschneidens von Pflanzen Um mehr Energie in die oberen Bereiche der Pflanzen umzuleiten, ist es ratsam, die tieferen Zweige abzuschneiden.[/caption]

Entfernung von Blättern

Blätter beseitigen ist ein weiteres häufig diskutiertes Thema, vor allem beim Indoor-Anbau, denn draußen macht es nicht viel Sinn. Die großen Blätter überschatten häufig Blütenstände und wenn sie sich überlappen, kondensiert Feuchtigkeit an ihnen und es erhöht sich das Schimmelrisiko. Daher verwundert es nicht, dass viele Grower die Anzahl der Blätter an ihren Pflanzen einschränken möchten. Glücklicherweise bilden Cannabispflanzen mehr Blätter als sie brauchen. Das Abschneiden von Blättern sollte im gleichen Zeitraum wie beim Beschneiden geschehen - und nur die großen Blätter, die in Teilen der Pflanze ohne Blütenknospen wachsen. Aber denken Sie daran, die Pflanze braucht Blätter für ihre Entwicklung. Sie werden genutzt, um Energie von der Lichtquelle aufzunehmen, und dieser Vorgang macht einen wesentlichen Teil der Photosynthese aus. Wenn die Entfernung von Blättern beendet ist, sollte es aber weiterhin nicht möglich sein, von oben herab durch die Pflanze hindurch zu sehen. Falls Sie zum ersten Mal Blätter abschneiden, gilt die goldene Regel "Weniger ist mehr". Wenn im letzten Abschnitt der Wuchsphase einige Blätter im Weg zu stehen scheinen, nur diejenigen beseitigen, die große Schatten auf die Pflanze werfen und infolge Überlappung mit Wasser bedeckt sind. Werden während der Blühphase zu viele Blätter abgeschnitten, wird dadurch die Bildung winziger Blätter in den Blütenständen angetrieben - und dies macht die Ernte unnötig kompliziert. Mr. José / info@pestovat.cz
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