Götz Widmann

Soft Secrets
20 Jul 2016

Er rauchte schon vor 20 Jahren Joints auf der Bühne und liebt das Leben und den Rausch noch immer. Klassiker wie "Haschischrauchen macht harmlos" oder "Zöllner vom Vollzug abhalten auf der A4" hat er nach wie vor in seinem Repertoire - viele seiner Lieder sind längst Kult in der deutschsprachigen Hanfszene. Und auch heute hat er noch viel zu sagen.


Er rauchte schon vor 20 Jahren Joints auf der Bühne und liebt das Leben und den Rausch noch immer. Klassiker wie "Haschischrauchen macht harmlos" oder "Zöllner vom Vollzug abhalten auf der A4" hat er nach wie vor in seinem Repertoire - viele seiner Lieder sind längst Kult in der deutschsprachigen Hanfszene. Und auch heute hat er noch viel zu sagen.

Er rauchte schon vor 20 Jahren Joints auf der Bühne und liebt das Leben und den Rausch noch immer. Klassiker wie "Haschischrauchen macht harmlos" oder "Zöllner vom Vollzug abhalten auf der A4" hat er nach wie vor in seinem Repertoire - viele seiner Lieder sind längst Kult in der deutschsprachigen Hanfszene. Und auch heute hat er noch viel zu sagen.

In den 90er Jahren warst du bereits erfolgreich mit dem Liedermacher-Duo Joint Venture. Hast du nach dem Tod deines Partners Kleinti nie darüber nachgedacht, dir wieder einen neuen musikalischen Partner zu suchen?

Es gab schon Situationen, in denen ich für einen Moment darüber nachgedacht habe, aber in letzter Konsequenz ist Kleinti für mich unersetzbar. Meine Existenz als Teil eines Duos ist mit ihm gestorben. Dabei hatte ich früher wirklich nie die Ambition verspürt, alleine auf der Bühne zu stehen - aber als ich das dann musste, habe ich es es einfach gemacht und mich jetzt auch sehr daran gewöhnt und mich mit der ganzen Situation angefreundet. Heute finde ich es ganz toll, alleine auf der Bühne zu stehen - das genieße ich im Augenblick auch sehr, da man sich vorher nicht so viele Gedanken machen muss. Drei Minuten, bevor ich auf die Bühne gehe, überlege ich mir, welchen Song ich als erstes spiele und der Rest ergibt sich dann von selbst. Ich kann so auch auf die Wünsche der Leute eingehen und spontan reagieren.

Deine aktuellen Pressefotos zeigen dich als Vietnamkämpfer mit Gitarre im Dschungel - gegen wen oder was kämpfst du mit deiner Musik?

Also wenn, dann kämpft man vielleicht gegen Ignoranz und Verblödung - und für ein eigenständiges Denken des menschlichen Individuums. So habe ich das zumindest für mich immer betrachtet. Aber ich hab keine echte politische Mission mit meiner Kunst - meine Kunst macht mir einfach Spaß. Und sie ist für mich die Möglichkeit, ein wirklich wunderschönes Leben zu führen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich von meiner Musik leben kann. Meine persönliche Mission ist eigentlich ein schönes Leben - die Grundgedanken des Rock'n'Roll sind schon sehr nah an meinen dran.

Haben sich deine Ansichten zum Thema Drogenpolitik im Laufe der Zeit verändert? Oder befürwortest du immer noch die Legalisierung von Cannabis?

Ja, ich bin immer noch dafür - wir sehen ja, dass in Uruguay oder in den USA die Welt nicht zusammengebrochen ist, nur weil dort Cannabis legalisiert wurde. Man sieht nun, dass man so eine Legalisierung organisieren und durchführen kann - und damit auch noch eine Menge Steuereinnahmen und Wirtschaftswachstum generiert, anstatt den Gewinn aus dem Hanfhandel irgendwelchen kriminellen Banden zu überlassen. Ich glaube übrigens auch, dass viele Sorten nur wegen der Illegalität so extrem THC-reich gezüchtet wurden - dabei habe ich selbst lieber etwas schwächeres Gras. In einem legalen Hanffachgeschäft könnte man sich dann genau das heraussuchen, was man haben will - so würde sicherlich auch der biologische Hanfanbau gefördert und für die Konsumenten könnte eine Qualitätssicherung auf hohem Standart betrieben werden.

Welche Altersgrenze für legales Cannabis würdest du vernünftig finden?

Ab 18 - von da an ist man in Deutschland nun mal erwachsen und hat damit bestimmte Rechte und Pflichten. Und man sollte mit 18 schon in der Lage sein, eigene Entscheidungen zu treffen - das traut man ja 18-Jährigen auch in vielen anderen Dingen zu. Warum also nicht auch in Bezug auf Drogen? Wenn man mit 18 Whiskey saufen darf, warum sollte man sich dann nicht auch ganz legal eine Tüte drehen dürfen?

Glaubst du, das so etwas in absehbarer Zeit auch in Deutschland möglich sein wird?

Ich glaube zumindest, dass ich es selbst noch erlebe. Schließlich habe ich feststellen können, dass sich in der öffentlichen Debatte einiges verschoben hat. In den Anfangszeiten der Hanfparade hat ja noch kaum ein bürgerliches Medium über die Cannabislegalisierung geschrieben - mittlerweile ist das ein Dauerthema auf spiegel.de oder zeit.de. Ich glaube, dass sich inzwischen die Mehrheiten verschoben haben und so wird irgendwann auch irgendein Politiker einsehen, dass man mit dem Thema Wahlen gewinnen kann. Insofern hoffe und glaube ich tatsächlich, dass irgendwann auch die Vernunft zu uns nach Deutschland kommt.

Apropos Deutschland - wie fühlst du dich eigentlich als Deutscher dieser Tage?

Ich bin zwar Deutscher, habe mich aber immer eher als Europäer gefühlt. Aber ich bin als Deutscher bereit, eine gewisse Verantwortung auf mich zu nehmen und - obwohl ich nicht dabei war - bei gelegentlichen Debatten über Deutschlands Vergangenheit im Ausland meinen Kopf hinzuhalten. So versuche ich ein gutes Beispiel dafür zu sein, dass die Deutschen eigentlich doch ganz nett sind.

Das hat die Welt - Stichwort Willkommen-skultur - ja auch schon gemerkt, obwohl im Augenblick eher wieder die Angst vor dem bzw. den Fremden zu herrschen scheint...

Da hast du leider recht - vor zehn Jahren hätte ich mir das Jahr 2016 in Europa auch ganz anders vorgestellt. Ich war der Meinung, wir wären 2016 schon viel weiter - aber leider ist dieser Kleinstaaten-Egoismus doch beharrlicher als gedacht. Jeder will alles haben - aber nichts dafür geben. Es ist ein schlimmes Geschacher und Gefeilsche, was wir derzeit in Europa erleben. Ich hoffe einfach, dass sich diese ganze Flüchtlingsdebatte endlich entradikalisiert - gleichzeitig habe ich aber Angst, dass das nicht passieren wird. Man kann ja nicht einfach sagen "Wir integrieren jetzt die Flüchtlinge" und dann nichts konkretes machen, um diese Menschen zu integrieren. Natürlich sollte man auch offen darüber reden können, welchen Preis es hat, eine Million Flüchtlinge zu integrieren - wenn man das nicht mehr kann bzw. wenn Kritik plötzlich ein Tabu wird und man deshalb in die rechte Ecke gestellt wird, dann kommt man so nicht weiter. Durch eine aufgeheizte Debatte kann man keine konstruktiven Lösungen finden - auch in Deutschland diskutieren wir diese Frage immer noch häufig in Schwarz-Weiß-Kategorien und trauen uns kaum auszusprechen, dass es auch unter Flüchtlingen ein paar schlechte Menschen gibt. Wir müssen uns endlich mit der Realität befassen und dürfen nicht länger irgendwelchen idealisierten Vorstellungen nachhängen. Die Tabuisierung bestimmter Integrationsprobleme führt doch letztendlich nur dazu, dass langfristig viele Menschen den rechten Bauernfängern in die Arme getrieben werden. Und das kann nicht gut für Deutschland oder Europa sein.

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