"Ich wolte schon immer möglichst perfekte bongs machen"

Soft Secrets
07 Jul 2015

Interview mit Martin Bizle


Interview mit Martin Bizle

Die Marke ROOR aus dem pfälzischen Frankenthal kann auf eine 20jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken und ist heute weltweit dafür bekannt, dass sie höchsten Qualitätsansprüchen genügt. Wir sprachen mit Martin Birzle, dem Mann hinter der Marke.

Text: Martin Müncheberg, Fotos: RooR

Wie ist deine Liebe zu geblasenem Glas im Allgemeinen und zu Glasbongs im Besonderen entstanden?

Nach meiner Grundausbildung durch Schule und Abitur stand ja die Frage im Raum, was ich nun werden wolle. Ich wollte damals sehr gerne etwas Künstlerisches machen. Wie es der Zufall dann wollte, hatte ich einen Glasbläser kennengelernt, den ich öfter mal besuchte, denn er war einer der Ersten, die damals solche Rauchgeräte hergestellt haben. Anfang der 90er Jahre war ja noch eine Zeit, in der viele Kunsthandwerker ganz gut von ihrer Arbeit leben konnten und da mich das Glas auch schnell fasziniert hat, entstand in mir der Wunsch, das auch lernen zu wollen. Das war dann wohl die Initialzündung, denn danach habe ich dann meine Ausbildung zum Glasapparatebauer gemacht, da man Kunst ja nicht lernen kann. An der Schule habe ich mir dann auch gleich meine erste Werkstatt aufgebaut und dann fleißig am Abend oder am Wochenende die Sachen gemacht, die man in der Schule nicht herstellen durfte. So sind meine ersten Geräte entstanden, die in meinem Freundeskreis sehr gut ankamen und ich merkte, dass ein großer Bedarf an guten Rauchgeräten bestand. Damals gab es in Deutschland ja gerade mal eine Handvoll Headshops und noch keine Hanfszene, denn die fing erst 1995 mit der ersten Cannabusiness an. Da haben sich die Leute kennengelernt und gemerkt, dass sie nicht alleine sind. Plötzlich waren da auch Hanfsamen zu haben und Grow-Equipment und Grinder und jede Menge Head-Shop-Sachen - da haben dann natürlich sehr viele Leute einen Laden aufgemacht und das Zeug verkauft. Daraufhin haben sich verschiedene Großhändler gebildet und Branche expandierte. Anfangs gab es noch gedruckte Headshop-Verzeichnisse und dann fing das ja langsam mit dem Internet an. Das kann man sich heute ja kaum noch vorstellen - ein Leben ohne Handys und Internet.

Mit welcher Zielstellung oder Philosophie bist du damals gestartet?

Ich habe den Anspruch an mich, Sachen entweder gar nicht oder richtig zu machen. Und so habe ich das auch mit dem Glas gehalten. Ich habe eine gute Berufsausbildung genossen und da ich meine Arbeit liebte, konnte ich den Glasapparatebauer auch mit besten Noten abschließen. Später habe ich dann gemerkt, dass auch teure Einzelstücke ihre Abnehmer finden und dass manche Menschen gerne bereit sind, für hohe Qualität auch einen angemessenen Preis zu zahlen. Die Spezialisierung auf Premium-Produkte hat sich dadurch ganz selbständig ergeben.

Mit wie vielen Angestellten hast du vor 20 Jahren angefangen und wie viele sind es heute?

Die ersten fünf Jahre war ich ja noch alleine, dann kam mit Laszlo mein erster Angestellter dazu, der übrigens auch heute noch mit an Bord ist. Inzwischen sind wir hier in Frankenthal ein Team von 13 Leuten - weltweit sind es derzeit etwa 30 Leute, die in der einen oder anderen Weise für ROOR arbeiten. Dazu kommen weitere Glaskünstler aus den USA mit denen wir limitierte Einzelstücke aus farbigem Glas herstellen – wer mehr über die US-amerikanische Glaskunstszene erfahren will, dem empfehle ich den Dokumentarfilm „Degenerated Art“. Der einzige europäische Glaskünstler, mit dem wir eng kooperieren, ist übrigens Bernd Weinmeyer aus Österreich – mit ihm zusammen haben wir schon drei Mal den High-Times-Cup gewonnen.

Inzwischen ist ROOR ja eine weltweit bekannte Marke, für die selbst Stars wie B-Real von Cypress Hill werben - wie kam es eigentlich zu der Kooperation mit den Westcoast-Rappern?

Für mich war das auch eher eine Art Zufall - ein Freund von mir hatte mich über ein Internetvideo darauf aufmerksam gemacht, dass die Band während ihrer Bühnenshow immer eine Bong rauchte, die von unsäglich schlechter Qualität war. Da kam uns die Idee, denen mal ein richtig gescheites Gerät zu machen - halt echte deutsche Qualitätsarbeit. Und da konnte der B-Real dann natürlich nicht nein sagen, also habe ich mir ein Logo von ihm schicken lassen und es beim Goldschmied aus massivem Gold und Silber herstellen lassen - ebenso wie auch einen dreidimensionalen Schädel, den wir noch modulieren ließen und in dessen Augen zwei Brillis steckten. Als das edle Stück schließlich fertig war, ist mein Sohn damit in die USA geflogen und hat es B-Real persönlich übergeben. Das hat auch alles gut geklappt und da B-Real und seine Kollegen die Bong sehr zu schätzen wussten, sind wir in Kontakt geblieben und haben ab und zu mal telefoniert und wenn Cypriss Hill irgendwo in Europa gespielt haben, wurden wir zum Konzert eingeladen und haben uns die Show angesehen. Dabei fiel uns auf, dass sie immer noch eine eher mittelmäßige Bong für ihre Auftritte verwenden und haben angeboten, ihnen eine amtliche Show-Bong "made in Germany" zu entwerfen und zu produzieren. So ist die Excalibur entstanden - das ist ein 2,20 Meter großes Gerät aus 9 Millimeter dickem Glas, dass sich mit Schnellspannern aus vier Einzelstücken zusammensetzen lässt. Dazu haben wir noch ein passendes Flight-Case geliefert, in dem die Bong sicher und komfortabel transportiert werden kann. Als Cypriss Hill dann im Hamburger Club "Übel und Gefährlich" spielten, übergaben wir das gute Stück an B-Real, der sich sehr darüber gefreut hat. Seitdem nehmen sie das Teil auf allen ihre US-Touren mit - also nur innerhalb der US-Grenzen, da sie nicht riskieren wollen, dass die Excalibur bei einer Flugreise entdeckt und beschlagnahmt wird. Wenn man auf YouTube mal Cypress Hill, ROOR und Excalibur eingibt, findet man Videos von einem Haufen Konzerte, auf dem sie das Ding geraucht haben. Die Jungs benutzen die Bong jedenfalls auch heute noch - offensichtlich haben sie gut darauf aufgepasst. Außerdem haben wir mit B-Real auch noch die PhunkyFeelTips entwickelt – das sind Filtertips aus Glas für den dauerhaften Gebrauch.

Hast du dir bei der Gründung von ROOR schon den Erfolg vorstellen können, den du heute mit der Firma hast oder warst du eher überrascht von dem Erfolg?

Bei Gründung hätte ich mir das noch nicht vorstellen können, ich bin tatsächlich eher vom Erfolg überrascht worden. Ich vermute, da hat die Qualität einfach für sich gesprochen und für reichlich Mundpropaganda gesorgt. Anfangs dachte ich natürlich noch nicht am Entferntesten an eine nahezu weltweit agierende Firma. Aber ich wollte schon immer möglichst perfekte Bongs machen, die auch gut aussehen und trotzdem die genau richtigen Durchmessern, Längen und Mengenverhältnissen aus Rauch und Wasser haben. Eben kunstvoll gestaltete, ideale Gaswaschflasche - denn nichts anderes ist ja eine Bong vom physikalischen Prinzip her.

Welche Erfahrungen hast du als Bong-Hersteller bisher mit deutschen Behörden oder auch mit Behörden anderer Länder gemacht? Wurdest du stets wie eine ganz normale Firma behandelt oder war die Nähe zu Cannabis manchmal auch problematisch fürs Geschäft?

Am problematischsten war und ist wohl für unsere Branche, dass Bongs in den USA verboten sind. Schon seit Mitte der 90er Jahre verfährt die DEA nach einem Grundsatzurteil, nach dem so ein Rohr mit einem Schliff dran zum Marihuana-Rauchen benutzt wird und damit der „Förderung des Rauschgiftkonsums“ dient. Auch wenn man so etwas wie "for tobacco use only" mit rauf schreibt, kann man Pech haben - wenn die wollen, nehmen sie es dir einfach weg. Aber es gibt auch noch eine ganze Reihe von Ländern wie zum Beispiel die Vereinigten Arabischen Emirate, in denen Paraphenalia sogar noch strikter verboten sind. Hier geht für ROOR natürlich gar nichts – es gibt da nur einen Haufen Shishas und Cannabis zu rauchen ist strengstens verboten und mit drakonischen Strafen belegt. Aber hier in Europa sind Bongs nun mal legal und deshalb waren wir auch schon mal auf SWR3 im Fernsehen und haben hier auch die politische Seite des Ganzen angesprochen. Ich sagte damals, dass man auch in Deutschland mit Bongs Probleme kriegen kann, wenn man damit an den Falschen gerät und da sind die SWR-Leute prompt ins Gericht zu einem Staatsanwalt gegangen und haben ihn dazu befragt – dabei erklärte der Staatsanwalt dann, dass die Geräte zu produzieren, sie zu kaufen, sie zu besitzen und sogar Cannabis darin zu rauchen legal sei. Strafbar mache man sich nur, wenn man das Cannabis erwirbt.

Gibt es noch irgendwas, was du mit ROOR noch nicht erreicht hast, aber noch gerne erreichen willst?

Nachdem wir jetzt fünf Mal in Folge den High-Times-Cup mit unseren Bongs gewonnen haben, gab es schon Momente, wo ich mir gesagt habe, viel mehr kannst du mit ROOR ja nun gar nicht mehr erreichen. Schließlich hatte ich das alles ja nicht so geplant – inzwischen kann ich aber davon leben und sogar noch anderen Leuten ein gutes Leben ermöglichen. Da hat sich direkt so eine Art Familie gebildet, was nicht heißt, dass bei mir jeder kommen und gehen kann, wann er will und dabei vielleicht noch den ganzen Tag am Rauchen ist. Aber Urinkontrollen führe ich natürlich auch nicht bei meinen Mitarbeitern durch – schließlich arbeitet man ja um zu leben und lebt nicht, um zu arbeiten.

Was ich mir aber noch für die Zukunft wünsche, ist, dass es uns gelingt, erfolgreich gegen die ganzen Markenrechtsverletzer vorzugehen. Derzeit gehe ich in fünf verschiedenen Ländern rechtlich gegen die Produzenten von Fake-Bongs vor - so zum Beispiel gegen billige chinesische Plagiate, die von sehr schlechter Qualität sind, sich aber trotzdem mit meinem Logo schmücken. Da versuchen andere, von meinem Erfolg zu profitieren und schaden gleichzeitig dem hochqualitativen Marken-Image von ROOR, indem sie diesen ganzen Billigmüll unter die Leute bringen. Gegen derartige Plagiate vorzugehen kostet einen Haufen Nerven, Zeit und Geld – da wäre es natürlich schön, wenn ich mir den Ärger in Zukunft sparen könnte. Aber das wird wohl nichts, denn wie ich weiß, gibt es allein in China sechs Fabriken, die solche Fake-Bongs mit meinem Logo darauf herstellen. Einmal waren die sogar so frech und haben mein Originallogo einfach auf den Kopf gestellt und als neue Eigenmarke in China angemeldet. Das haben die denen da auch glatt durchgehen lassen – auf dem deutschen Patentamt wären sie damit natürlich nicht durchgekommen, aber in Asien läuft das halt anders. Natürlich wehre ich mich dagegen, aber wer weiß, ob es letztendlich tatsächlich was bringt. Unabhängig davon sind wir aber stets dabei, die gute Zusammenarbeit mit einem stets wachsenden Händlernetz weiter auszubauen

Das scheint dann ja so etwas wie der „Fluch des Erfolgs“ zu sein...

Richtig, und das belastet ich im Moment auch sehr schwer – auf der einen Seite ehrt es einen zwar auch, denn wenn man nur schlechte Waren produziert, macht die ja keiner nach. Aber auf der anderen Seite muss man ja auch von der eigenen Arbeit leben können - ein gutes Markenimage lässt sich nur ganz langsam aufbauen – durch Fälschungen kann es dann aber auch wieder ganz schnell beeinträchtigt werden. Zumal die Fälscher ja auch keine Forschung- und Entwicklungskosten tragen, sondern dir nur das Image ruinieren und die Gewinne schmälern. Aber mit derartigen Problemen haben heutzutage fast alle Produzenten von internationalen Qualitätswaren zu kämpfen.

Glaubst du, dass wir mit Uruguay und einigen US-Bundesstaaten derzeit den Anfang vom Ende der weltweiten Hanfprohibition miterleben?

Ohne diese Meilensteine hätte ich sicherlich deutlich mehr Bedenken, dass es auch in Europa in absehbarer Zeit zu einer ähnlichen Entwicklung kommen könnte. Aber nach Colorado und Uruguay habe ich auch die Hoffnung, dass die weltweite Cannabisprohibition nun Stück für Stück – wie ein Kartenhaus – zusammenbrechen wird. Die Amerikaner waren ja die, die es verboten haben und nun sind sie es auch, die es wieder legalisieren – die Mehrheit der US-Bürger scheint damit auch gar kein Problem zu haben. Und so stehen auch andere US-Bundesstaaten bereits kurz vor einer Legalisierung - und wenn die erstmal mitkriegen, wie viele Steuermillionen man dank Hanf einnehmen kann, während man gleichzeitig Repressionskosten spart, dann ist diese Entwicklung sicherlich gar nicht mehr aufzuhalten. Insofern glaube ich schon daran, dass wir auch hier bei uns – zum Beispiel mit der Resolution der 120 Strafrechtsprofessoren – auf einem eigenen deutschen Weg zur Legalisierung von Cannabis sind. Wir werden es also hoffentlich alle noch erleben, dass auch hier in Deutschland Schluss mit Krimi und Cannabis endlich legal ist!



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