Psychedelisches Forschungsinstitut vom Staat

Frank Brandse
11 Aug 2021

Wenn es nach dem Willen von New Yorks Gesetzgeber geht, führt der Bundesstaat ein eigenes Forschungsinstitut für psychedelische Forschung ein. Ein entsprechender Gesetzesentwurf (Bill Number A7928) wurde am 1. Juni eingebracht. Dieser würde den Staat New York verpflichten, eine öffentlich geförderte Einrichtung zur Erforschung des therapeutischen Potenzials von Psychedelika zu etablieren.


Nimmt der Staat New York weltweite Vorreiterstellung ein?

 

Der Vorschlag für die neue Gesetzgebung wird unter anderem von der Abgeordneten Linda Rosenthal mitgetragen. Wird die Novelle offiziell, würde in New York ein staatlich sanktioniertes Forschungsinstitut aufgebaut werden, in dem das therapeutische Potenzial bestimmter Psychedelika untersucht werden soll. Darüber hinaus wären die Regulierungsbehörden angehalten und gesetzlich verpflichtet, Empfehlungen über den medizinischen Nutzen halluzinogener Substanzen bei der Behandlung von Erkrankungen wie Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und Depressionen auszusprechen.

Allmählich kommt auch in der Politik an, dass psychedelische Substanzen keine Suchtmittel sind und nicht in einen Topf mit Alkohol, Kokain, Opiaten und anderen Suchtbildnern geworfen werden dürfen. Es fehlt ihnen das Abhängigkeitspotenzial – außerdem lassen sich im klinischen Rahmen so gut wie keine Überdosierungen mit halluzinogenen Stoffen herbeiführen. Psychedelika kommen immer mehr zurück in die Medizin, weil sie sich eignen, vor allem psychische Störungen zu behandeln, zum Beispiel Angststörungen, Depression und Traumata.

In einer Memo Linda Rosenthals heißt es: „Psychedelika bieten eine Vielzahl von Vorteilen ohne das gleiche Risiko einer Überdosierung oder Abhängigkeit, wie es bei anderen Medikamenten der Fall ist“. Im Gegenteil: Psilocybin und entsprechende Pilze, LSD, Ibogain, Ayahuasca und Meskalin können sogar in der Behandlung von Abhängigkeitsstörungen eingesetzt werden, wie Mediziner und Therapeuten heute schon wissen. Dies betrifft insbesondere Personen, die von Opiaten/Opioiden, Amphetaminen, Alkohol, Nikotin oder anderen Substanzen abhängig geworden sind.

Sollte der neue Gesetzesentwurf angenommen werden, wovon auszugehen ist, würde der Bundesstaat New York die Möglichkeit wie auch die Pflicht haben, die Verwendung von medizinisch wertvollen Halluzinogenen gründlich zu erforschen, um sie künftig in der Heilkunde einsetzen zu können. Überdies wären Wissenschaftler mit Einführung des geänderten Drogengesetzes in der Pflicht, klinische Studien zum therapeutischen Potenzial psychedelischer Substanzen und entsprechende Trainingsprogramme für Fachleute zu entwickeln, damit neue Erkenntnisse gesammelt werden können. Studien und Forschung lassen sich derzeit nur mühsam umsetzen. Mit einer aufgeweichten Prohibition würden sich für Fachleute ganz neue Optionen und Möglichkeiten auftun.

Die psychedelischen Substanzen würden, wenn die Drogenkontrollbehörde Drug Enforcement Administration (DEA) nicht kooperiere, auch ohne DEA-Lizenz von Herstellern beschafft werden können. So koppeln sich die US-Bundesstaaten immer mehr von der Drogenprohibition auf Bundesebene ab; Gleiches war und ist schon bei der Re-Legalisierung von Cannabis in den Vereinigten Staaten zu beobachten.

Erst im März dieses Jahres war im Bundesstaat New York eine Reform der Rechtsprechung erfolgt, nach der die psychedelischen Inhaltsstoffe der Zauberpilze, Psilocybin und Psilocin, von der Liste der kontrollierten Substanzen entfernt und die Pilze entsprechend entkriminalisiert worden waren. Ein separater Vorschlag zur Entkriminalisierung des Besitzes aller derzeit kontrollierten Substanzen wurde ebenfalls in die New Yorker Legislative eingebracht. Andrew Yang, Bürgermeisterkandidat von New York City, veröffentlichte Ende Mai außerdem einen Plan für Veteranen, der einen legalen medizinischen Zugang zu heilsamen Psychoaktiva wie Psilocybin und MDMA (Ecstasy, Molly) fordert.

In Sachen Drogen und Ende der Prohibition tut sich einiges in den Vereinigten Staaten. Wir haben in den vergangenen Ausgaben immer wieder über einzelne Vorstöße und Gesetzesänderungen in den USA berichtet. Als erstes wurden 2019 in Denver als erster Stadt in den USA der Besitz, Gebrauch und die Weitergabe von Eigenbedarfsmengen von Psilocybin-Pilzen entkriminalisiert, basierend auf einer erfolgreichen Bürgerinitiative. Die Entkriminalisierung ist keine Legalisierung, sie sieht lediglich vor, dass Behörden und Justiz von einer Strafverfolgung im Falle der psychoaktiven Pilze absehen. Weitere Städte zogen rasch nach – und weiteten die Entkriminalisierung auf andere natürliche Psychedelika aus. Heute sind es sieben Städte, die den Konsum und Besitz von natürlichen psychedelischen Stoffen entkriminalisiert haben: Ann Arbor, Cambridge, Northampton, Oakland, Santa Cruz, Somerville und Washington, D.C. Auch in Oregon wurde im vergangenen Herbst eine entsprechende Initiative zur Duldung des Gebrauchs von pflanzlichen und pilzlichen Entheogenen von den Wählern angenommen.

Doch damit nicht genug: Neueste Bestrebungen kommen aus Kalifornien, wo der Senat kürzlich einen Gesetzesentwurf verabschiedet hat, der nicht nur den Besitz von psychedelischen Substanzen legalisieren soll, so zum Beispiel von Psilocybin und Magic Mushrooms, Meskalin (das wegen Naturschutzbestimmungen nicht aus dem Peyote-Kaktus stammen darf), DMT und Ayahuasca sowie Iboga und Ibogain. Darüber hinaus sollen auch der Besitz geringer Mengen und der Konsum von synthetischen Drogen wie LSD, MDMA und Ketamin legalisiert werden. Damit wäre Kalifornien als erster US-Bundesstaat, der auch nicht natürliche Psychedelika und Entaktogene legalisiert, mal wieder die Avantgarde. Schon in puncto medizinischen Cannabis’ war Kalifornien 1996 der erste Staat, der den Gebrauch zu therapeutischen Zwecken gestattete.

Der Gesetzgeber von Texas hat ebenfalls vor kurzem einen Gesetzesentwurf abgenickt, der den Bundesstaat dazu verpflichtet, das therapeutische Potenzial von Halluzinogenen und Verwandten zu untersuchen.

Quelle: nyassembly.gov

Text: Markus Berger

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Frank Brandse