Studie behauptet: Kiffen macht aggressiv

Soft Secrets
15 Dec 2017
Jetzt schlägt es aber dreizehn! Nachdem wir in der vorigen Ausgabe erst über eine Studie berichtet hatten, die nachweisen wollte, dass Cannabiskonsum mit einem erhöhten Sterberisiko einhergeht (siehe Seite 3, Soft Secrets 5/2017), ist jetzt eine weitere Untersuchung veröffentlicht worden, die Cannabisgebrauchern ein angeblich höheres Gewalt- und Konfliktpotenzial nachweisen soll. Allerdings wurde die Studie nicht mit gesunden Probanden durchgeführt, sondern mit psychisch kranken Personen. Dr. Alexandre Dumais, seines Zeichens Psychiater am kanadischen Institut Philippe-Pinel of Montreal (IPPM), hatte zusammen mit einer Gruppe von Wissenschaftlern Daten von psychiatrischen Patienten ausgewertet und unter anderem die Fragestellung beleuchtet, ob Cannabiskonsumenten zu Gewalttätigkeiten neigen. Die zugrunde liegenden Daten wurden der MacArthur Violence Risk Assessment Study entnommen, die in den neunziger Jahren vom MacArthur Research Network, Virginia, initiiert worden war (siehe dazu: https://at.virginia.edu/2kLhOmk). Insgesamt wurden Daten von 1136 psychiatrischen Patienten zwischen 18 und 40 Jahren erhoben; die befragten männlichen und weiblichen Personen waren zuvor in drei verschiedenen psychiatrischen Krankenhäusern der USA stationär behandelt worden. Mit deren Entlassung aus der klinischen Therapie sowie im Rahmen von vier nachgeschobenen Befragungen sollten die Probanden anhand von spezialisierten Erhebungsbögen Auskunft zu ihrem Drogen- und Alkoholkonsum sowie zu ihrer Gewaltbereitschaft im Alltag geben. Das Ergebnis: Befragungsteilnehmer, die häufig Cannabis konsumieren, sollen angeblich öfter in Gewalttaten verwickelt sein. Dabei wurden allerdings wichtige, die Korrektheit der Aussagen belegende Faktoren stillschweigend außer Acht gelassen. Weder wurden die Blut- und Urinwerte der Patienten und damit deren nachweislicher Drogenkonsum ermittelt, noch sind die jeweils zuständigen Polizeidienststellen zu entsprechenden Vorkommnissen befragt worden, zum Beispiel, ob die psychiatrischen Patienten in Straftaten verwickelt gewesen waren. Das Ergebnis der Datenauswertung basierte somit lediglich auf den Angaben der Probanden – und die haben in diesem Fall alles ungeprüft zu Protokoll geben können. Jeder, der sich nur ein bisschen mit psychoaktiven Substanzen auskennt, wird sich vermutlich darüber wundern, dass nach den Ergebnissen der Studie weder Alkohol noch Kokain als besonders gewaltfördernd abgeschnitten haben, Cannabiskonsum hingegen reizbar und aggressiv machen soll. Nach der angeblichen Datenlage seien bezogen auf Alkohol nur solche Patienten gewaltbereit, die regelmäßig alkoholische Getränke konsumierten. Die Angewohnheit, Kokain zu nehmen, wurde gar nicht mit einem vergrößerten Konfliktpotenzial assoziiert. Hingegen soll die Untersuchung ergeben haben, dass Patienten, die im Rahmen von zwei Befragungen einen Cannabiskonsum eingeräumt hatten, zu 71 Prozent häufiger in gewaltsam ausgetragene Konflikte verwickelt waren. Das alles klingt in der Tat sehr eigentümlich, werden doch Kiffer auch im öffentlichen Bild eher als zurückhaltend, wenig aggressiv, zuweilen gar als träge wahrgenommen. Möglicherweise begründet sich das ungewöhnliche Studienergebnis aber in den psychiatrischen Erkrankungen der Probanden. Welche Diagnosen die befragten Patienten von ihren behandelnden Ärzten erhielten, bleibt indes leider unerwähnt. Ein weiterer Anhaltspunkt, den die Forscher anführen, hat allerdings mit geistigen Erkrankungen nichts zu tun: Mittels bildgebender Untersuchungen sei, so Alexandre Dumais, nachgewiesen, dass Cannabiskonsum sich negativ auf die frontale Hirnrinde (präfrontaler Cortex) auswirken kann – und damit auf die Gehirnregion, die für instinkthaftes Verhalten und die Regulation von Impulsivität zuständig ist. Quelle: Ärzteblatt online auf http://bit.ly/2xDlbMZ Markus Berger
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