„Ich sah mein Leben an mir vorüberziehen"

Soft Secrets
11 Oct 2013

Im ersten Teil unseres pikanten Interviews, erschienen in der vorigen Ausgabe eurer Soft Secrets, erzählten Stephan (41), Hauptkommissar, und Dirk (38), Staatsanwalt (Namen von der Redaktion geändert), von ihrer bizarre Lebenssituation. So sind die beiden von Berufs wegen verpflichtet, Drogenkonsumenten und -freunde dingfest zu machen und zu verknacken. Im echten Leben aber sind Stephan und Dirk selber Psychonauten und Fans von psychoaktiven Molekülen.


Im ersten Teil unseres pikanten Interviews, erschienen in der vorigen Ausgabe eurer Soft Secrets, erzählten Stephan (41), Hauptkommissar, und Dirk (38), Staatsanwalt (Namen von der Redaktion geändert), von ihrer bizarre Lebenssituation. So sind die beiden von Berufs wegen verpflichtet, Drogenkonsumenten und -freunde dingfest zu machen und zu verknacken. Im echten Leben aber sind Stephan und Dirk selber Psychonauten und Fans von psychoaktiven Molekülen.

Im ersten Teil unseres pikanten Interviews, erschienen in der vorigen Ausgabe eurer Soft Secrets, erzählten Stephan (41), Hauptkommissar, und Dirk (38), Staatsanwalt (Namen von der Redaktion geändert), von ihrer bizarre Lebenssituation. So sind die beiden von Berufs wegen verpflichtet, Drogenkonsumenten und –freunde dingfest zu machen und zu verknacken. Im echten Leben aber sind Stephan und Dirk selber Psychonauten und Fans von psychoaktiven Molekülen.

Was kann man denn gegen die irrsinnige Politik tun? Ihr müsstet doch eigentlich das System von innen heraus aushöhlen können.

Stephan: Naja, das ist in der täglichen Praxis nicht ganz so einfach, wie man es sich vielleicht vorstellt. Wir müssen ja auch gegenüber unseren Kollegen und vor allem gegenüber unseren Vorgesetzten jede Entscheidung und jeden Schritt rechtfertigen können.

Das heißt, du als Polizist bist zu keiner Zeit in der Lage, unbescholtenen Drogenfreunden irgendwie beizustehen – entgegen deiner eigenen Sichtweise?

Stephan: Doch, doch. Manchmal kann ich Leute, die ich eigentlich hätte schnappen müssen, auch laufen lassen. Zwar nur dann, wenn ich es auch meinem Team gegenüber irgendwie begründen kann, aber es kam schon vor, dass ich harmlose Kiffer habe laufen lassen, ohne ihre Daten aufzunehmen.

Wahnsinn. Damit riskierst du deinen Job und letztlich deine Existenz.

Stephan: Nicht wirklich, denke ich. Ich habe immer Möglichkeiten, meine Entscheidungen zu rechtfertigen. Außerdem machen auch Polizisten mal Fehler.

Dirk: Nein, Stephan, das glaube ich nicht (grinst).

Stephan: Scherzkeks. Es ist wirklich schwer, vor den anderen Kollegen geheim zu halten, dass ich in Wahrheit Sympathisant der Psychonauten bin.

Gibt es denn in euern Kreisen irgendwelche Verbündeten? Kollegen, die genauso ticken wie ihr?

Dirk: Nein, nicht dass ich wüsste. Stephan und ich kennen uns schon lange privat, sodass das nie ein großes Geheimnis war unter uns. Aber die anderen? Kann schon sein, dass da jemand rumläuft, der so denkt wie wir, aber ehrlich gesagt glaube ich das nicht.

Gibt es vielleicht Richter, die ähnliche Ansichten zur Drogenpolitik haben wie ihr beiden?

Dirk: Oh ja, allerdings. Die gibt es - und das sind gar nicht so wenige. Allerdings verlieren die noch weniger ein Wort darüber als wir schon.

Stephan: Aber man merkt über die Jahre, welcher Vorsitzende, welcher Richter eher in Richtung Prohibition geht und welcher gegenteiliger Überzeugung ist. Ganz klare Sache. Aber tun können die natürlich auch nicht viel. Auch diese Kollegen müssen das geltende Recht vertreten und irgendwie durchboxen.

Was würdet ihr euch als Vertreter der Staatsgewalt wünschen? Was würdet ihr der Öffentlichkeit sagen, wenn ihr könntet?

Dirk: Am liebsten würde ich sagen, dass man doch endlich – wie sagst du das immer so schön? – der Vernunft die Tür öffnen sollte. Eine tolle Metapher übrigens.

Danke.

Stephan: Genau, es ist immer dieselbe Leier. Wenn wir endlich den Raum hätten, uns um die echte Kriminalität zu kümmern und wirkliche Verbrecher zu verfolgen, also solche Leute, die tatsächlich Schaden anrichten, dann wäre viel gewonnen. Das wäre gut für uns Beamte, für die Gerichte, für die Staatskasse, für die Volksgesundheit, ach, es würde uns vermutlich nur Vorteile bringen.

Dirk: Der einzige Schaden, der derzeit durch die Drogen verursacht wird, fußt auf den Gesetzen.

Weil es bei Drogendelikten keine Opfer gibt?

Dirk: So kann man es formulieren.

Stephan: Doch, es gibt ja Opfer! Die Drogenkonsumenten werden Opfer des Systems, Opfer der Gesetzgebung.

Und was kann man dagegen tun?

Dirk: Genau die Arbeit betreiben, die du machst, mein Lieber. Gut wäre es aber, wenn die Aufklärung zum Thema Drogen nicht nur für die ohnehin sympathisierenden Psychonauten gemacht würde, sondern für vor allem diejenigen, die damit wenig bis gar keine Erfahrung haben.

Stephan: Genau. Man sollte in den Köpfen der Menschen versuchen, was zu ändern. Aber wie stellt man das an?

Das geht nur über das Prinzip „Steter Tropfen höhlt den Stein“.

Dirk: Ja, und wir aus der Justiz können da nicht so viel tun. Stellen wir uns gegen das System, laufen wir Gefahr, ausgemustert zu werden. Damit setzen wir alles für uns aufs Spiel – ändern können wir allerdings nichts. Es bräuchte einfach mehr Menschen, die in der Maschinerie des Systems arbeiten, und sich für einen gesunden Umgang mit Drogen einsetzen. Du darfst nicht aufhören, immer wieder klarzumachen, dass es nur einen Weg gibt, einen tolerablen Umgang mit psychoaktiven Substanzen zu pflegen: den mündigen und gebildeten Menschen.

Wenn das genügen würde, wären wir wohl schon weiter, die Herren. Hier geht es nicht um die Gesundheit des Volks. Hier geht es um knallharte wirtschaftliche Interessen.

Dirk: Da hast du wohl Recht.

Stephan: Leider.

Dirk: Und dagegen können selbst Richter, Staatsanwälte und Polizisten gar nichts ausrichten.

Wenn aber alle so denken, dann wird sich in der Tat niemals was ändern. Seid ihr dann nicht inkonsequent?

Stephan: Das mag sein, das nehme ich in Kauf. Ich bin nicht derjenige, der glaubt, er könne die Welt retten oder zu einem bessere Ort machen.

Ich wiederhole: Wenn aber alle so denken, dann wird sich nie was ändern.

Dirk: Du hast ja Recht, aber was bringt es der Drogenpolitik für vorteilhafte Verbesserungen, wenn Stephan und ich erst rausgeflogen sind und vielleicht Schlimmeres passiert?

Auch hier wiederhole ich mich: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Stephan: Schon, aber bitte nicht auf Kosten meiner Familie und meiner Freiheit.

Dann lieber andere wegsperren als selber Opfer werden?

Dirk: Leider ist der Mensch so gestrickt. Jeder ist sich selbst der nächste – so sind wir Menschen nun mal. Wer behauptet, anders zu sein und zu handeln, lügt in meinen Augen.

Du glaubst also, dass es wahren Altruismus nicht gibt?

Dirk: Doch, den gibt es. Vielleicht bei irgendeinem Yogi im Himalaya oder bei den Schamanen im Regenwald Amazoniens. Ich weiß es nicht. Unsere Gesellschaft jedenfalls verhindert echten Altruismus auf jeden Fall.

Stephan: Denunziantentum ist ein Mittel und Weg, sich selber besser darzustellen und von seinen eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken.

Habt ihr ein Statement zum Abschluss?

Stephan: Ich weiß, dass wir nicht korrekt handeln und das beschämt mich auch zutiefst. Aus dieser Maschinerie auszubrechen, ist aber derart schwer, dass es mir nicht gelingen will.

Dirk: Es ist klar, dass das den Einzelnen nicht viel bringt, aber ihr solltet trotzdem wissen: Nicht alle, die im System bedienstet sind, ticken so, wie es scheint. Viele sind wesentlich entspannter als uns vorgegaukelt wird, viele würden eine andere Gesetzgebung begrüßen. Es gibt ja auch andere Fälle. Wo Kinderschänder besser wegkommen als Grower, zum Beispiel. Das ist schon extrem krass.

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