Medizinalcannabis: Erste Charge aus Deutschland in der Apotheke

Frank Brandse
18 Oct 2021

In Deutschland ist seit Juli dieses Jahres erstmals medizinisches Cannabis aus der landeseigenen Produktion in den Apotheken erhältlich. Bislang wurden Patienten, die sich mit medizinischen Cannabisblüten behandeln, lediglich Importprodukte von den Pharmazeuten angeboten und besorgt. So kamen die zur Verfügung stehenden Sorten u.a. aus Kanada, Portugal und den Niederlanden. 2020 waren es um die 9.000 Kilo, die für diese Zwecke aus dem Ausland eingeführt worden waren. Damit kann mit den Erzeugnissen aus eigenem Anbau nun zumindest partiell Schluss sein.


Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte im Jahr 2019 Lizenzen an drei Unternehmen vergeben, damit die Herstellung von Medizinalhanf für deutsche Patienten innerhalb des eigenen Landes geschehen kann. Eine gute Idee, denn Medikamente beispielsweise aus Übersee einzuschiffen, ist nicht nur unwirtschaftlich, sondern auch umweltschutztechnisch eine grobe Sünde – insbesondere wenn man bedenkt, wie einfach und effektiv Cannabis an jedem Ort der Welt anzubauen ist. In Sachen Großhandel hatte das im südhessischen Mörfelden-Walldorf ansässige Unternehmen Cansativa 2020 eine entsprechende Ausschreibung für die Distributionsrechte für sich entscheiden können. Damit übernimmt die Startup-Firma für die kommenden vier Jahre den Vertrieb des gesamten in Deutschland angebauten Cannabis an Apotheken.

Dass die ersten jetzt erhältlichen Chargen auch für alle Cannabispatienten Deutschlands ausreichen werden, darf bei dem vom BfArM genehmigten Produktionsvolumen in Zweifel gezogen werden. Die Behörde hatte gerade mal 10,4 Tonnen abgesegnet – und die überdies aufgeteilt auf vier Jahre. Das sind also nur 2,6 Tonnen, die pro Jahr hergestellt werden dürfen. Kaum zu erwarten, dass damit alle betroffenen Patienten versorgt werden können. Zwar umfassen die entsprechenden Verträge eine Klausel, die im Bedarfsfall eine Produktionserhöhung um bis zu zehn Prozent ermöglichen kann. Auf Importware wird Deutschland dennoch in dieser anfänglichen Findungsphase wohl kaum verzichten können.

Der Bund verkauft das medizinische Marihuana deutscher Produktion an Apotheken in Deutschland – und zwar zu einem Preis von 4,30 Euro pro Gramm. „Man erziele dabei keine Überschüsse, es würden nur Personal- und Sachkosten berücksichtigt. Ziel des Anbaus hierzulande sei es, zusätzlich zur Versorgung der Patienten beizutragen“, wie die Apotheken Umschau am 8. Juli 2021 ergänzend berichtete. Zu welchem Kurs bzw. mit welchem Aufschlag die Blüten dann letztlich an Patienten, die ein Privatrezept vorlegen, abgegeben werden, liegt im Sinne der Marktwirtschaft bei den einzelnen Apotheken. Daher kann es innerhalb Deutschlands zu erheblichen Preisschwankungen und damit zu Preisen zwischen 8 und 9,50 Euro pro Gramm kommen. Ein echter Wermutstropfen sind außerdem die Bedingungen für die Abgabe von medizinischen Hanfblüten. Bestellt ein Patient auf eigene Rechnung Medizinalcannabis, zum Beispiel die erste verfügbare deutsche Sorte „Typ 1 Aphria“, so kann er oder sie bislang nicht die Menge bestimmen, die tatsächlich benötigt wird, weil das Medikament lediglich in 50-Gramm-Gebinden abgegeben wird. Wer also nur 30, 40 oder auch 60 bis 80 Gramm pro Monat benötigt, hat ein Problem, weil diese Mengen nicht über den Tresen der Pharmazeuten gegeben werden. Wie dies in der praktischen Umsetzung gelöst werden soll, ist bisher nicht kommuniziert worden. Ein idealer Zustand ist in dieser Hinsicht also noch lange nicht erreicht.

 

Quelle und Informationen:

www.cannabisagentur.de;

www.apotheken-umschau.de

 

Markus Berger

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Frank Brandse