Pfropfen

Soft Secrets
03 Jul 2015

Was bedeutet Propfen und was ist daran so besonders?


Was bedeutet Propfen und was ist daran so besonders?

“Propfknoten”

Pfropfen ist eine uralte Methode, zwei verschiedene Pflanzen zu vereinen, um verschiedene Früchte oder Blüten auf dem gleichen Wurzelstock wachsen zu lassen. Es ist auch die Geheimwaffe gegen die niedrigen gesetzlichen Zulassungszahlen für den Anbau von Cannabispflanzen. Pfropfung ermöglicht, verschiedene Sorten auf ein und derselben Pflanze zu kultivieren, wobei die Genetik jeder Sorte rein erhalten bleibt. Cool, was? 

Das Pfropfen ist im kommerziellen Anbau von Obstbäumen und Tomaten ein weit verbreitetes Verfahren, für Cannabis wird es jedoch so gut wie gar nicht angewendet.

Nutzung der Propfung

Bevor wir zur Kurzanleitung kommen, wollen wir uns einige Gedanken darüber machen, wie die Marihuana-Propfung unsere Anbaugewohnheiten verändern könnte.            

Für Regionen, wo die gesetzliche Höchstzahl für Cannabispflanzen niedrig ist, muss der Grower einen Kompromiss finden - soll er viele neue Sorten ausprobieren, die sich auf gut Glück als Volltreffer oder Nieten erweisen können oder sich einige bewährte Varietäten mit Hilfe von Stecklingen bewahren?

Bei der Propfung von Marihuana könnte man eine Mutterpflanze am Leben erhalten und viele verschiedene Sorten aus ihr wachsen lassen, was einem ermöglicht, aus einem Sortiment verschiedener Varietäten die "Rosinen" als Anbaupflanzen herauszupicken - alles von einer einzigen Mutterpflanze...

Wir alle haben Sorten, die wir gerne ausprobieren würden, wollen uns aber nicht darauf einlassen, sie anzubauen, weil die Erträge bekanntlich gering sind (Urkle, OG Kush, Mendo Purps, Girl Scout Cookies, um nur einige zu nennen). Heute gibt es die Möglichkeit, einen feminisierten Samen einzupflanzen, zu warten bis das junge Gewächs einige Blattpaare ausgebildet hat, und es dann auf die reguläre Cannabissorte zu pfropfen. Wir können später einen einzigen Zweig mit den gewünschten Blüten ernten, und falls er sich als so hervorragend erweist, wie wir es uns erhofften, mehr davon anbauen. Falls sie sich als nicht so umwerfend erweisen sollten, wie wir es erwartet haben, wurde keine Zeit und Mühe verschwendet, um eine ganze Pflanze zur Reifung zu bringen - für etwas, was das alles nicht wert ist!

Züchter, die sich einen Spaß machen wollen, könnten mehrere verschiedene weibliche Sorten mit einer robusten männlichen Pflanze als eine Art „Zuchthengst“ zusammen pfropfen; eine einzelne Pflanze wäre dadurch zur Selbstbestäubung befähigt, ohne dass dabei unerwünschte hermaphroditische Eigenschaften eingeschleppt würden. Diese Multipflanze könnte in einen einzelnen Stellplatz (statt eines ganzen Raumes) passen und es wäre die schnellste Methode, viele verschiedene neue Kreuzungen auf einer Kulturpflanze zu erhalten. Wenn wir nur eine männliche Sorte verwenden und die verschiedenen weiblichen im Blick behalten würden, könnten wir erfahren, was genau bei jeder Kreuzung herauskäme. Wir bekämen von jeder Sorte als Ergebnis natürlich nur die Samen, die sich an den einzelnen Zweigen entwickelt haben, aber wenn wir sie nicht in großen Mengen verkaufen wollen, sollte es für neue herausragende Genetiken vollauf genügen!

Wenn wir noch einen Schritt weitergingen, könnten wir durch die Anwendung von Gibberellinsäure auf der weiblichen Lieblingspflanze die Bildung männlicher Blüten erzwingen, die Zweige pfropfen und die Samen wären automatisch feminisiert.

Transplantat wächst an

Wenn wir weiter mit dem Schicksal spielen wollten und auf Abenteuer aus wären, könnten wir mehrere verschiedene männliche Sorten auf die Superpflanze pfropfen, wobei jede auf diese Weise erzeugte Saatgutsorte einem Vorstoß in unbekannte genetische Züchtungen gleichkäme. Die Möglichkeiten für diese "Glückstopf"-Verfahren sind endlos und sie führen zweifellos zu unglaublichen F1-Genetiken.

Grower mit einem kleinen Raum, die Landrassen oder die am längsten blühenden Sativas anbauen möchten, müssen eine Balance finden zwischen den eigenen Wünschen und der praktischen Anwendbarkeit. Bei einigen erlesenen Sativasorten kann die Blühphase bis zu sechzehn Wochen oder länger dauern; sie wachsen oft riesig, liefern aber nicht immer die entsprechenden Erträge. Manchmal müssen sich Grower für die gewöhnlichen, kleineren Anbaupflanzen entscheiden, um die Produktion zu maximieren, und darauf verzichten, einige der sehr seltenen, lang blühenden Sorten auszuprobieren. Durch Pfropfung könnten wir verschiedene historische Sativasorten auf einer Pflanze haben - man müsste den Platz für nur eine große Pflanze zur Verfügung stellen, um nach der Ernte viel unterschiedliches und exzellentes Head Stash zu besitzen. Wenn der Erntetag näherrückt, könnten wir einige Blätter und Triebspitzen an den Multipflanzen lassen, damit sie sich verjüngt (in die vegetative Phase zurückfällt), und das Ganze nochmal von Anfang an durchexerzieren!


Propfreis Nr. 2 in einem Plastikbeutel

Oder - falls Sie schon eine gesunde ausgereifte Pflanze von einer Sorte haben, die Sie aufgeben möchten, können Sie stattdessen andere Sorten auf ihr einpfropfen, damit sie die Vorteile einer ausgebildeten Wurzelzone nutzen können.

Wie Sie sehen, eröffnen sich für Grower, die mit wenigen Pflanzen zurechtkommen müssen oder einzigartige Pflanzen haben möchten, durch Pfropfung unzählige Möglichkeiten.

Pfropfungstechniken und Terminologie

Die Propfungstechniken ähneln sehr dem Entnehmen von Stecklingen für die Klonung. Wir brauchen:

• Ein scharfes steriles Skalpell
• Scharfe desinfizierte Scheren
• Kleine, leichte, durchsichtige Plastikbeutel, ca. 20 cm. Ein leichter Schnellverschlussbeutel eignet sich hervorragend
• Einen Zerstäuber zusammen mit einer Komplett-Nährlösung für die vegetative Phase. Niedriger EC von 1,00, pH 6 (es ist immer besser, eine leicht alkalische Lösung zu sprühen, um zu vermeiden, dass Blätter durch Säureverätzung geschädigt werden)
• Gedämpfte kühle Beleuchtung. T5-Leuchtstofflampen (ca. 110 Watt) funktionieren prima
• Eine saubere Oberfläche, um darauf den Stängel mit dem Skalpell zuzuschneiden
• Propf-Clips (Klammern) aus Silikon
• Oder falls Sie keine Propf-Clips bekommen, können Sie mit einem Trinkstrohhalm und Klebeband improvisieren

Wir wählen eine robuste vegetative Pflanze mit mehreren Zweigen aus - sie wird unser Wurzelstock (die Bezeichnung „Unterlage“ ist verbreitet) sein. Am besten eignet sich eine Pflanze, deren Wachstum ohne Probleme verläuft, weil die gute Gesundheit der Unterlage bis zur Ernte für den Erfolg des gesamten Projekts ausschlaggebend ist.

Die Propfung muss schnell und effektiv erfolgen, um zu vermeiden, dass die Stängel austrocknen. Daher machen wir vor unserem geistigen Auge einen Probelauf, bevor wir versuchen, das Verfahren in die Praxis umzusetzen.

Zuerst wählen wir die Zweige aus, die für das Pfropfen verwendet werden sollen. Diese Vorauswahl geschieht sowohl auf dem Wurzelstock (der Unterlage) als auch auf der Spenderpflanze.

Was die Unterlage angeht, wäre zu überlegen, das Pfropfen auf einem tieferen Zweigstumpf durchzuführen, denn falls wir sie nach der Ernte verjüngen wollen, lässt sich die Unterlage für Runde Zwei in einer ansehnlichen Form halten.

Die „Propfklammer“ wird am unteren Ende des ausgewählten Stängels der Unterlage angebracht, dann rutschen wir mit der Klammer vorsichtig ein wenig nach oben, so dass unterhalb des ersten Internodiums etwa 2 cm Raum bleiben.

Die Pflanze ein wenig besprühen, dann den ausgewählten Zweig knapp unterhalb des ersten Internodiums sauber abtrennen. Wenn wir wollen, können wir dieses Teil als einen gewöhnlichen Steckling bewurzeln oder ihn einfach wegwerfen.

Als Nächstes nehmen wir das Skalpell und schneiden die Mitte des gerade gekürzten Stängels, der an der Pflanze bleibt, vorsichtig nach hinten auf. Unser Ziel ist, die Mitte des Stängelstumpfes ca. 1,5 cm über die gesamte Länge sauber aufzutrennen. Den Schnitt sofort leicht besprühen, damit er feucht bleibt, während wir schon an den nächsten Schritt denken.

Jetzt wählen wir den Spenderzweig auf Sorte Zwei aus, den wir auf die Unterlage pfropfen wollen. Wir brauchen einen kräftigen, gesunden Steckling mit einigen Internodien. Idealerweise sind die Stecklinge etwa 12 cm lang, aber mit kürzeren klappt es auch gut. Die Spenderpflanze wird erst einmal besprüht, dann wird der Steckling abgeschnitten, solange sie noch nass ist.

Schnell arbeiten, die größeren Blattpaare an der Basis des Stecklings abschneiden, so dass ungefähr 3 cm kahler Stängel bleiben. Es ist das gleiche Prinzip wie beim Klonen mit Stecklingen - lässt man zu viel Blätter stehen, transpirieren sie zu stark und trocknen aus, bevor sie die Möglichkeit hatten, mit der Unterlage zusammenzuwachsen.

Gehen Sie sehr vorsichtig mit dem Skalpell um und schneiden Sie den Steckling auf jeder Seite so zu, dass er eine glatte scharfe Spitze von etwa 1,5 cm Länge bekommt. Wenn wir die Skalpellklinge erst anfeuchten, bleibt die Schnittstelle feucht. Wir müssen aufpassen, dass keine fransigen Stellen bleiben, denn diese können faulen.

Die zugeschnittene Spitze wird in den Schlitz auf dem Zweig der Unterlage hineingesteckt, der Pfropf-Clip behutsam den Stängel über die Verbindungsstelle hochgeschoben, so dass die beiden Teile ineinander greifen. Wir besprühen den Zweig noch einmal.

Falls Pfropf-Clips nicht zu bekommen sind, kann man einen dünnen Trinkstrohhalm verwenden, ihn in 1 cm lange Stücke schneiden, zweiteilen, dann mit etwas Klebeband festmachen. Das Verbindungsstück müssen wir nicht andrücken, sondern nur in der Position halten. Nicht vergessen, dass wir es später entfernen müssen, daher nicht zu sehr festkleben!

Dann schieben wir den Plastikbeutel vorsichtig über den ganzen Zweig, sprühen drinnen und verschließen ihn sorgfältig am unteren Zweigende, um die Feuchtigkeit im Innern zu halten. Es ist sehr wichtig, dass die Innenseite des Beutels die Blätter möglichst wenig berührt, also schaffen wir Abstand zwischen ihnen, um im Plastikbeutel ein Mikroklima mit viel Platz um den Zweig herum zu erzeugen.

Wenn Sie einen verschließbaren Plastikbeutel haben, machen Sie ihn einfach um den Stamm herum zu. Er muss nicht völlig abgedichtet werden, solange sich im Beutel Feuchtigkeit bilden kann, um eine Dehydrierung des abgeschnittenen Stängels zu verhindern.

Auch Beutel anderer Art lassen sich lose an der Basis zusammenbinden oder sonst wie mit Draht, Schnur (oder was auch immer) einigermaßen verschließen.

Und denken Sie daran, jeden Tag im Innern des Beutels zu sprühen, und auch wenn Sie ihn aufmachen, hauchen Sie dem Spross eine Kusshand zu und blasen Sie ein wenig CO2 hinein. Wenn er wieder verschlossen wird, ist darauf zu achten, dass der Beutel die Blätter so wenig wie möglich berührt.

Man kann die ganze Pflanze auch in einem Minigewächshaus unterbringen, das gut abgedichtet ist, damit die Feuchtigkeit erhalten bleibt, aber nach meiner Erfahrung funktioniert die Methode besser, wenn das Feuchtigkeitszelt nur über den relevanten gepfropften Zweig gestülpt ist. Es macht keinen Sinn, den Respirationsprozess der gesamten Pflanze zu stören; in der Zeit, die der Steckling (Pfropfreis) zum Einwachsen braucht, könnte bei gesunden Blättern Fäulnis aufgrund von zu viel Feuchtigkeit verursacht werden.

Nach etwa zwei Wochen ist der Vorgang abgeschlossen. Dann ist ein Höcker zu sehen, der um die Verbindungsstelle herum gewachsen ist. Aus zwei wird eins und die Sorte B wächst auf dem Pflanzenkörper von Sorte A. Herzlichen Glückwunsch zu der Frankenstein-Pflanze!

Der neue Trieb ist kräftig und gesund. Pfropfen erzeugt keine Kreuzung von Genetiken - die frischen Austriebe nach dem Pfropfen bleiben genetisch unverändert, also wie die ursprüngliche Sorte, von welcher der Steckling gepfropft wurde. Das ist unglaublich praktisch, wenn wir traditionelle Sorten erhalten wollen.

Gespaltener Stängel, bereit für die Propfung

Es ist möglich, mehrere Propfungen gleichzeitig durchzuführen. Ich habe mit Erfolg drei verschiedene Sorten gleichzeitig auf eine Unterlage gepfropft, aber zu viele auf einmal könnte die Unterlage doch zu sehr stressen. Wahrscheinlich ist es besser, erst nachdem zwei Stecklinge erfolgreich transplantiert wurden weitere Sorten hinzuzufügen.

Ich möchte auch raten, zuerst einige Probeläufe auf einer Extrapflanze durchzuführen, denn das Pfropfen ist ein Verfahren, bei dem das Risiko des Scheiterns höher ist als bei der Stecklingsvermehrung. Es ist knifflig und erfordert ein wenig Übung, aber nichts von Wert lässt sich ohne Mühe erschaffen.

Auswahl von Sorten für das Pfropfen
Wenn wir zwei verschiedene Sorten auswählen, wobei die eine auf die andere gepfropft wird, ist es wichtig, dass beide ähnliche Blütezeiten haben. Wir wissen alle, wie wichtig es ist, bei den Pflanzen gegen Ende über einen Zeitraum von einer oder zwei Wochen Spülungen mit reinem Wasser durchzuführen. Wenn nun die Längen der Blühphasen übereinstimmen, lässt sich die ganze Pflanze "in einem Aufwasch" wässern, ohne dass im Falle einer länger blühenden Sorte ein Nährstoffmangel verursacht würde.

Wird beispielsweise eine lang blühende Sativasorte auf eine Indica mit einer kurzen Blühphase gepfropft, würde man vor die Wahl gestellt, entweder die Indica vor dem Durchspülen zu ernten, was minderwertige Blüten und einen bitteren Geschmack zur Folge hätte, oder man könnte die Pflanze rechtzeitig vor der Indicaernte durchspülen und dadurch allerdings einen Nährstoffmangel bei der länger blühenden Sativa verursachen, gerade dann, wenn sie die Nährstoffe am dringendsten benötigt! Beide Alternativen sind nicht gut, daher sollten wir versuchen, an Sorten festzuhalten, deren Blühphasen maximal eine Woche voneinander abweichen.

Die Blütezeit ist nur dann unwichtig, wenn wir uns eine Pflanze als Unterlage nehmen, die gar nicht blüht. Falls wir eine Pflanze in der vegetativen Phase belassen, können wir, sofern wir es wollen, alle möglichen unterschiedlichen Sorten auf ihr haben, das wäre kein Problem. Und wenn wir plötzlich den Wunsch nach einigen frischen Blüten einer besonderen Sorte verspüren, nehmen wir uns einfach eine geklonte von dem ausgewählten Pfropfreis und haben eine reine Genetik zum Genießen.

Wird in unserem Leben die Propfung das Klonen vollständig ersetzen? Keineswegs. Klonieren ist immer noch das einfachste Verfahren der schnellen Pflanzenvermehrung, wobei die Genetik bewahrt wird. Allerdings beanspruchen viele Pflanzen zusätzlichen geeigneten Raum, mehr Licht, Nährstoffe, Erde und Pflege. Falls Sie sich wegen der Anzahl der Pflanzen, des Stromverbrauchs oder der Größe des Anbauraums nicht sorgen, können Sie auch beim Klonen bleiben. Aber falls Sie den Anbau pfiffiger betreiben wollen, bietet Pfropfen die Möglichkeit, aus all diesen Faktoren größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Es ist überhaupt eine tolle Sache!

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